Honig könnte ein ideales Mittel sein zur Behandlung milder bis moderater Brandwunden. Dies zeigt eine entsprechende Cochranestudie (DOI: 10.1002/14651858.CD005083.pub2). Der Einsatz von Honig verkürzt laut dieser Studie die Wundheilungszeit im Vergleich zur Behandlung mit Verbänden. Honig wurde bereits im alten Ägypten zur Behandlung von Wunden verwendet. Wie genau Honig zur Wundheilung beiträgt, ist nicht genau geklärt.
Scheinbar wird durch Honig die Gewebeerneuerung begünstigt. Aktuelle Studien interessieren sich vor allem für die antibakteriellen Effekte.??
Die Metaanalyse unter Leitung von Andrew Jull von der University of Auckland umfasste 19 Studien mit 2.554 Patienten mit verschiedenen Wunden. Es zeigte sich, dass der Einsatz von Honig die Wundheilungsdauer moderater Verbrennungen wirksamer reduzieren konnte als Mullverbände. Bei Schürf-, Schnitt-, Riss- und chirurgischen Wunden sowie Ulzera hingegen fanden die Forscher in den ausgewerteten Studien keinen Vorteil von Honig im Vergleich zu herkömmlichen Verbänden.
Studienleiter Andrew Jull erklärte:
“Wir betrachten diese Ergebnisse mit Vorsicht, aber es scheint tatsächlich so, als könne Honig die Heilung von Brandverletzungen beschleunigen”.??Die Wissenschaftler raten allerdings auf Grund ihrer Daten nicht zur Behandlung anderer Wunden mit Honig. Die Wissenschaftler der University of Auckland wollen aber weiterhin untersuchen, welche Effekte Honig genau hat und wie sich diese nutzen lassen.
Quelle: www.aerzteblatt.de
Kommentar: Honig verkürzt Wundheilung bei Brandwunden
Die Anwendung von Honig zur Wundbehandlung hat in der traditionellen Heilkunde und in der Naturheilkunde eine lange Geschichte. Traditionen soll man aber nicht einfach blind übernehmen, weil sie sich oft auch über Jahrhunderte geirrt haben. Tradition allein ist keine Legitimation. Stattdessen ist eine sorgfältige und kritische Auseinadersetzung mit den Erfahrungen traditioneller Heilkunde gefragt.
Für mich ist nicht so klar, dass Honig bei anderen Wunden als Brandwunden keine Vorteile bringt. Jahrelange Erfahrung mit der Behandlung von Wunden durch einen medizinischen Honig (Medihoney) hat beispielsweise die Universitäts-Kinderklinik in Bonn. Laut Angaben dieser Universität macht Medihoney sogar multiresistenten Keimen wie dem sogenannten MRSA den Garaus und laut einer australischen Studie entwickelten die Bakterien auch keine Resistenz (www.stern.de, 27. 7. 2006).
Warum Honig antibakteriell wirkt, ist heute bekannt: Die Bienen setzen bei der Herstellung ein Enzym namens Glucose-Oxidase hinzu. Dieses Enzym bewirkt, dass aus dem Zucker im Honig fortlaufend in geringen Mengen Wasserstoffperoxid entsteht, ein wirksames Antiseptikum. Da es permanent nachgebildet wird, genügen bereits kleine Konzentrationen, um die Wundbakterien zu töten. Gewöhnlich müsste man viel größere Mengen verwenden, weil die Wirksamkeit von Wasserstoffperoxid mit der Zeit nachlässt. In großen Konzentrationen schädigt Wasserstoffperoxid aber nicht nur die Bakterien, sondern ebenso die Hautzellen.
Honig zeigt hier also interessante Vorteile. Allerdings sollte man sich meiner Ansicht nach davor hüten, den Honig nun pauschal zum allumfassenden Wundheiler zu erklären.
Dazu sind noch zu viele Fragen offen:
Welche Qualität von Honig wirkt am sichersten?
In welcher Art und Weise wird Honig optimal angewendet?
Bei welchen Wundarten und in welchen Stadien des Wundheilungsprozesses?
Wer sorgfältig und professionell mit dem Thema “Honig & Wundheilung” umgehen will, wird sich mit solchen Fragen auseinandersetzen müssen.
Bei Brandwunden scheint mir zudem klar, dass ich bei allen ernsthafteren Fällen nicht zur Honigbehandlung auf eigene Faust raten würde. Und bezüglich Erster Hilfe bei Brandwunden gilt immer noch der Grundsatz: Kühlen mit Wasser!
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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