Eine nationale Studie aus Taiwan hatte bereits ergeben, dass die Therapie mit chinesischen Heilkräutern das Risiko für chronische Nierenkrankheiten steigert. Jetzt zeigte in einer weiteren Untersuchung, dass auch die Krebsgefahr erhöht ist.
Kollegen der Universität von Taipei erfassten alle zwischen 1985 und 2000 registrierten Anwender chinesischer Heilkräutermedizin und verfolgten deren gesundheitliche Entwicklung.
Unter den rund 6500 Therapeuten zeigte sich eine signifikant höhere Mortalitätsrate (Standardized Mortality Ratio, SMR 3,10) an urologischen Krebsarten.
Einzig bei Blasenkrebs fand sich keine Signifikanz (SMR 2,26). Außerdem bestätigte sich das erhöhte Risiko für chronische Nierenschäden: Für Nephritis (Nierenentzündung), Nierenversagen und renale Sklerose lag die SMR unter den Heilkräuter-Therapeuten bei 2,4. Nach diesen Resultaten scheinen Sicherheitsprüfungen chinesischer Kräuter den Autoren der Studie dringend nötig.
Quelle: Medical Tribune Nr. 20 / 2009
Originalpublikation:
H. Y. Yang et al., J Epidemiol 2009; 19: 17-23
Kommentar: Chinesische Heilkräuter
Dass chinesische Heilkräuter-Therapien zu schweren Nierenschäden führen können, zeigte sich bereits 1992 in Belgien. Damals wurden die Schäden auf den Gehalt an Aristolochiasäure in einem chinesischen Schlankheitspräparat zurückgeführt.
Auch europäische Heilkräuter können natürlich schädliche Inhaltsstoffe aufweisen. Allerdings haben wir mit unseren eigenen Heilpflanzen mehr Erfahrung und wohl auch ein Gesundheitssystem, das solchen Risiken verglichen mit der Traditionellen Chinesischen Medizin mehr Beachtung schenkt.
Die Osterluzei als aristolochiasäurehaltige Heilpflanze wurde bei uns jedenfalls schon vor vielen Jahren sicherheitshalber aus dem Handel genommen. Unter Protest übrigens von vielen Naturheilern, welche diese Sicherheitsmassnahme als Verschwörung der bösen Pharmaindustrie darstellten.
Ob es sich nun um westliche oder chinesische Heilkräuter handelt – die Herausforderung ist dieselbe:
– Sorgfältig prüfen, ob und in welcher Form die Anwendung einer Heilpflanze bei einer bestimmten Erkrankung sinnvoll ist;
– Langzeitbehandlungen mit Heilpflanzen nur wenn nötig und nur mit Heilpflanzen, welche nach heutigem Wissensstand mit keinen Risiken verbunden sind.
– Überhaupt nur behandeln wenn nötig: keine therapeutischen oder prophylaktischen Rundumschläge.
– Die Risiken nicht unnötig dramatisieren, weil es ein breites Spektrum von gut verträglichen und wertvollen Heilpflanzen gibt. Wobei es aber auch hier nicht die absolute Sicherheit gibt, und sich der Wissensstand über die Sicherheit einer bestimmten Heilpflanze auch ändern kann.
– Allfällige Risiken aber auch nicht bagatellisieren. Es gibt leider im Bereich der traditionellen Pflanzenheilkunde auch Vorstellungen, wonach Heilpflanzen in jedem Fall nur günstig auf unsere Gesundheit wirken können, weil sie genau dazu da sind, uns zu heilen. Das ist offenbar eine attraktive Vorstellung, weil sich hier die Heilpflanzen um uns Menschen zu kümmern scheinen. Ganz abgesehen davon, dass sich damit der Mensch ganz schön wichtig nimmt, ist diese Vorstellung schon ziemlich naiv. Sie blendet aus, dass Pflanzen ganz einfach viele Giftstoffe (und Wirkstoffe) enthalten, weil diese gut gegen Fressfeinde schützen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch