Die Universität Frankfurt hat zu ihrem Arzneipflanzengarten fundierte Informationen über die Wirkungen der Heilkräuter zusammengestellt.
Hier der Abschnitt über pflanzliche Abführmittel:
„PFLANZEN MIT DARMFÜLLLENDEN INHALTSSTOFFEN: Flohsamen und Lein enthalten un- oder schwerverdauliche Schleimstoffe, die Wasser binden, im Verdauungstrakt aufquellen und über den sog. Dehnungsreflex eine Anregung der Darmperistaltik bewirken. Allerdings sollte man wissen, dass man genug Flüssigkeit dazu aufnehmen muss und dass der Effekt mit Verzögerung eintritt. Pflanzliche Schleimstoffe sind nebenwirkungsarm.“
Flohsamen und Leinsamen gehören zu den milden pflanzlichen Abführmittel. Sie eignen sich auch zu Langzeitanwendung und führen nicht zur Gewöhnung.
„PFLANZEN MIT MOTORISCH WIRKENDEN EIGENSCHAFTEN: Faulbaum, Kreuzdorn, und Medizinalrhabarber enthalten, ähnlich wie die tropischen Sennesfrüchte, Sennesblätter oder Aloe Anthraglykoside, die die Peristaltik des Dickdarmes direkt stimulieren. Bereits nach 8 bis 10 Stunden kommt es zur Entleerung, allerdings sollte man diese Mittel nicht zu lange anwenden, weil es dann wieder zu einer Verstopfung kommen kann.
Das aus Rizinus gewonnene fette Rizinusöl regt die Peristaltik des Darmes direkt an — vor allem des Dünndarms — und verkürzt die Passagezeit des Darminhaltes. Hier tritt innerhalb von 2 bis 4 Stunden die Darmentleerung ein. Das Öl ist ein Triglycerid und entspricht in seinem chemischen Aufbau unseren als Nahrungsmittel dienenden fetten Ölen, wie etwa dem Rapsöl. Das Besondere ist das Vorkommen der Rizinolsäure, die in dem Öl gebunden vorliegt. Sie wird im Verdauungstrakt freigesetzt und übt dann ihre Wirkung aus.“
Quelle:
http://www.pharmazie.uni-frankfurt.de/Neuer_Senckenbergischer_Arzneipflanzengarten/Verstopfung/index.html
Kommentar & Ergänzung: Langzeitanwendungen
Sennesblätter, Sennesfrüchte und Aloe zählen zu den „Drastika“. Sie können zu Darmkrämpfen führen und bei Langzeitanwendung zur Gewöhnung. Daher sind sie für die Behandlung einer chronischen Verstopfung nicht geeignet.
Rizinus ist ein interessantes Gewächs, das allerdings zu den potenten Giftpflanzen gehört. Die Rizinussamen enthalten nämlich den Giftstoff Rizin.
Informationen zu Rizin auf Wikipedia:
„Rizin oder Ricin, ein äußerst toxisches Lektin aus den Samenschalen der Rizinusstaude (Ricinus communis), Familie der Wolfsmilchgewächse, ist ein starker Inhibitor der eukaryotischen Proteinbiosynthese. Rizin ist einer der giftigsten Eiweißstoffe, die in der Natur vorkommen. Gelangt das Gift in den menschlichen Organismus, so bringt es die kontaminierten Zellen zum Absterben. Für eine tödliche Vergiftung eines Erwachsenen sollen 0,25 Milligramm isoliertes Rizin oder zwei bis vier der gemusterten (ornamentierten) Samenkörner genügen, bei Kindern entsprechend weniger. Hier kann, je nach Alter und Konstitution, schon ein halbes Samenkorn tödlich wirken. Allerdings wird auch berichtet, dass selbst nach Einnahme von 40 bis 60 Samen eine Überlebenschance besteht. Dabei kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt das Erbrechen einsetzt. Rizin ist wasserlöslich, jedoch nicht fettlöslich. Da es hitzelabil ist, wird das Gift durch Wärmebehandlung zerstört.
Rizin ist in der Kriegswaffenliste des deutschen Kriegswaffenkontrollgesetzes aufgeführt.“
Und die Folgen einer Vergiftung durch Rizin:
„ Da Rizin meist versehentlich durch den Verzehr von Rizinus-Samen aufgenommen wird, werden vor allem Zellen des Verdauungstraktes in Mitleidenschaft gezogen (Magen, Darm, Leber, Nieren). Letztlich führt eine Vergiftung mit Rizin auch zu einer Zerstörung der roten Blutkörperchen. Nach der Aufnahme einer tödlichen Dosis tritt der Tod nach 36 bis 72 Stunden ein. Nach einer Latenzzeit von mehreren Stunden bis Tagen können folgende Symptome auftreten: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwäche, Tachykardie, Abdominalschmerzen und akuter Flüssigkeitsverlust. In schweren Fällen kommen Mydriasis, Krämpfe an Händen und Beinen, Fieber sowie die Symptome einer Lebernekrose und eines akuten Nierenversagens dazu. Der Tod erfolgt durch Lähmung medullärer Zentren, besonders des Atemzentrums.
Das Gift kann auch inhaliert (als Aerosol eingeatmet) oder injiziert werden. Die Symptome ändern sich dementsprechend: Lungenödem und Atemstillstand beziehungsweise schwere Lähmungen sind die Folge.“
Die Symptome einer Rizin-Vergiftung:
„Etwa vier bis acht Stunden nach dem Verzehr der Samen:
Starke Schleimhautreizung (unter anderem Brennen in Mund und Rachen)
nach Resorption Änderung der Syntheserate von essentiellen Enzymen
Schädigung von Niere, Leber, Magen und Darm
hohes Fieber
Übelkeit
Erbrechen bis blutiges Erbrechen
blutiger Durchfall
Kolik
Kreislaufkollaps, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall
Leukozytose (charakteristisch)
Der Tod tritt üblicherweise durch Kreislaufversagen etwa zwei Tage nach der Vergiftung ein. Ein agglutiniertes Protein führt zum Verklumpen der roten Blutkörperchen. Es ist kein Gegengift bekannt.“
(Quelle: Wikipedia)
Rizinusöl wird übrigens raffiniert, bevor es zu medizinischen Zwecken in den Handel kommt, damit allfällige Spuren von Rizin entfernt werden.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
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