Alle Jahre wieder kommen die Ratschläge zum innerlichen Frühjahrsputz. Auch die Kronen-Zeitung setzt sich für mehr interne Sauberkeit ein – und veräppelt ihre Leserinnen und Leser mit wirren und nebulösen Ratschlägen.
Als Beispiel die Empfehlungen zum Löwenzahn:
„Löwenzahn ist eine Leberheilpflanze. Er entleert die Galle, stimuliert die Leber, sodass sie Giftstoffe abstößt, und erleichtert den Nieren die Arbeit. Keine Schlankheitskur ohne Löwenzahn. Als Tee soll gerade der Löwenzahn niemals gesüßt werden, damit macht man manche Wirkung der Bitterstoffe zunichte.
Inhaltsstoffe: Große Mengen Vitamine, vor allem Karotinoide, Bitterstoffe, Flavonoide, viele Mineralstoffe in hoher Dosis, Inulin, geringe Mengen ätherisches Öl, Schleim.
Verwendung: Frische Blätter in Salat und Gemüse, als Frischpflanzensaft (Blätter und/oder Wurzel), die getrockneten oder frischen Wurzeln als Tee (zwei Tassen pro Tag oder ein Esslöffel Frischsaft).“
Quelle:
http://www.krone.at/Gesund-Fit/Kraeuter_fuer_den_Fruehjahrsputz_von_innen-Fruehjahrskur-Story-253748
Kommentar & Ergänzung:
Schauen wir uns einzelne Aussagen genauer an:
„Löwenzahn ist eine Leberheilpflanze“
Sehr pauschale Aussage. Gegen welche der zahlreichen Leberkrankheiten soll Löwenzahn denn helfen? Einfach gegen alle? – Gut dokumentiert als Leberpflanze ist in der Phytotherapie die Mariendistel, bzw. die Mariendistelsamen mit ihrem Hauptwirkstoff Silymarin / Silibinin.
Dabei bleibt der Anwendungsbereich aber eingeschränkt, beispielsweise auf die unterstützende Behandlung bei chronischer Leberentzündung (Hepatitis). Für Löwenzahn gibt es in der Phytotherapie-Fachliteratur keinerlei konkrete Hinweise für eine Heilwirkung auf die Leber.
„Er entleert die Galle, stimuliert die Leber, sodass sie Giftstoffe abstößt, und erleichtert den Nieren die Arbeit.“
Okay, Löwenzahn fördert den Gallenfluss. Aber dass er die Leber stimuliert und diese dadurch Giftstoffe abstösst, ist eine ziemlich gewagte Aussage. Um welche Giftstoffe soll es dabei genau gehen?
„Keine Schlankheitskur ohne Löwenzahn“
Hier fehlt jede Begründung. Weshalb gehört Löwenzahn zu jeder Schlankheitskur? Was genau soll die positive Wirkung des Löwenzahns bei einer Schlankheitskur sein? Meiner Ansicht nach gibt es nicht den Hauch einer plausiblen Erklärung für diese Aufforderung. Und auch in der Phytotherapie-Fachliteratur fehlt jeder Hinweis auf eine solche Wirkung.
Fragwürdig ist auch die Aufforderung, den Löwenzahntee niemals zu süssen. Dass durch Süssen die Wirkung mancher Bitterstoffe zerstört wird, dafür fehlen plausible Argumente. Der Bittereffekt läst sich durch Süssen nicht wirklich eliminieren.
Damit will ich gar nichts sagen gegen den Löwenzahn (Taraxacum officinale), den ich als Heilpflanze schätze. Und ich habe auch nichts dagegen, wenn Löwenzahn als Wildsalat verwendet wird. Das kann gesund sein.
Aber mit derart leeren Behauptungen und pauschal-vagen Beschreibungen, wie sie die Kronen-Zeitung hier auftischt, werden die Leserinnen und Leser veräppelt. Mehr Sorgfalt im Umgang mit Informationen wäre nötig.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch