Immer noch geistern Vorstellungen herum, im Kampf gegen Krebs sei positives Denken Voraussetzung für eine Heilung. Krebspatienten, denen dieses positive Denken nicht so leicht fällt, bekommen oft mehr oder weniger deutlich zu hören, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und dadurch nicht ganz unschuldig sind, wenn die Heilung auf sich warten lässt.
Es ist Zeit, diesen alten Zopf abzuschneiden.
Klar Stellung genommen zu dieser Frage hat vor kurzem Christian Zniva, Leiter der Abteilung für Klinische Psychologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz (Oberösterreich):
« “Patienten erwarten oft von uns, dass wir ihnen helfen, positiv zu denken – damit sie den ,Kampf gegen den Krebs’ aufnehmen können“. Dabei sei das überholt. „Wissenschaftliche Studien haben längst widerlegt, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Psyche und dem Krankheitsverlauf gibt“, sagt Zniva. „Diese Information kann Patienten entlasten.“ Denn es sei gar nicht nötig, ständig gut gelaunt gegen den Krebs zu kämpfen. „Das führt oft nur zu einem verkrampften Umgang und kostet außerdem viel zu viel Kraft.“
Heute würde man mit anderen Bildern arbeiten. „Ich beschreibe Krebs gerne als einen Weg mit Stolpersteinen, auf dem man – einen nach dem anderen – wegräumt.“»
Quelle:
http://www.nachrichten.at/ratgeber/gesundheit/art114,782756
Kommentar & Ergänzung:
Fazit: Wer positiv gestimmt ist soll sich davon nicht abbringen lassen. Aber auch angeblich negative Gefühle wie Wut, Ohnmacht, Trauer etc. haben quasi ein Existenzrecht. Und kein Krebspatient, keine Krebspatientin muss sich vorwerfen (lassen), das schade dem Kampf gegen die Krankheit, wenn er oder sie mal nicht so gut „drauf ist“.
Angestrengt positives Denken ist nämlich ziemlich bescheuert.
Ein noch heiklerer Punkt beim Thema Krebs & Psyche ist eine fürchterlich oberflächliche, oft esoterisch angehauchte Populär-Psychosomatik, die mit leichtfertig hingeworfenen psychologischen oder esoterischen Deutungen um sich wirft („Du musst deine Konflikte bearbeiten, damit du gesund wirst“).
Die Durchsetzung von Deutungen ist eine Machtfrage und es ist oft eine Form von Übergriff, wie in dieser „Szene“ Patientinnen und Patienten Deutungen aufgedrängt oder aufgedrückt werden.
Solche Schuldzuweisungen dienen der Kontingenzbewältigung. Mit Kontingenz ist hier gemeint, dass wir als Menschen Krankheit und Gesundheit nicht im Griff haben. Diese ohnmachtsträchtige Situation lässt sich lindern durch Theorien, welche Kranken Schuld und Verantwortung zuschieben.
Multiple Sklerose oder Krebs sind dann nicht Widerfahrnisse, die Menschen zustossen können, weil Krankheit auch zur menschlichen Existenz gehört. Sie sind Folge von Versäumnissen. So kann man sich dann zurechtphantasieren, dass man von solchen Krankheiten verschont wird, wenn man sich richtig verhält – genug an sich arbeitet, sich spirituell höher entwickelt, viel Vitamine konsumiert, nur moderat sündigt……
Konstruktiver wäre meines Erachtens, dass wir Kontingenz als Bestandteil menschlicher Existenz anerkennen und dass wir lernen, mit diesem manchmal bedrohlichen Faktum umzugehen.
Kontingenz-Kompetenz wäre dann also quasi gefragt, aber wo lernt man das schon?
Falls Sie sich vertiefter mit diesen Fragen auseinandersetzen wollen, empfehle ich einen Blick auf www.patienten-seminare.ch und auf Eidberger Gedankengänge.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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