„Wenn ich mich auf die Kräfte besinne, aus denen ich gelebt habe, und ich die Fügungen meines Schicksals bedenke, so wundere ich mich um so mehr, als mein Dasein von der Knabenzeit an durch eine Krankheit belastet wurde. Der Gymnasialdirektor sagte mir beim Abschied: Aus Ihnen kann ja nichts werden, da Sie organisch krank sind. Die Folgen dieser Krankheit waren die Verzichte, die Beschränkungen bei allen Unternehmungen, die immer wiederholte Erfahrung des Nichtkönnens.
Methodische, absolut zweckmässige Lebensführung unter medizinischem Gesichtspunkt war unerlässlich. Aber sie hätte das Leben selber unerfüllt gelassen. Von Hausbesuchen und Reisen bis zu der Lehrtätigkeit waren physische Störungen unvermeidlich. Die Berührung mit er Welt forderte das Risiko von Krankheitszuständen. Der Kranke braucht die Freiheit, die medizinische Ordnung zu durchbrechen. Für die Krankheit zu leben hebt das Leben selber auf, lässt es in Isolierung und Erfahrungslosigkeit geraten. Die Spannweite zwischen geistigem Gelingen und Versagen war gross………..
Stets ergriff ich die Gegenwärtigkeit, ohne viel zu erwarten zu dürfen. Ich lebte für den Augenblick und bezog ihn doch auf etwas Fernes. In kurzer realer Perspektive, doch geistig auf lange Sich zu leben schien ein Widersinn. Ich war für meine Person selten enttäuscht, vielmehr überrascht, was mir von innen und aussen vergönnt war. Der klare Verzicht auf das wirklich Unmögliche liess einen Spielraum, in dem mehr Chancen lagen, als ich vorher denken konnte. Die Wirklichkeit brachte mehr, als ich je erwartet hatte.“
(Zitat aus: Karl Jaspers, Wahrheit und Bewährung, Piper 1983, Seite 207 / 208)
Kommentar & Ergänzung:
Karl Jaspers (1883 – 1969) war ein deutscher Psychiater und Philosoph.
„Von Kindheit an litt Jaspers an Bronchialproblemen (angeborenen Bronchiektasen), die seine körperliche Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigten und ihn anfällig für Infektionen machten. Strikte Disziplin zur Aufrechterhaltung seiner Gesundheit bestimmte und beschränkte nach autobiographischen Zeugnissen daher sein Leben, das allerdings wie das seiner Geschwister zusätzlich durch familiäre Umstände erheblich belastet war und ihn für psychologische Fragen sensibilisierte.“
(Quelle: Wikipedia)
Karl Japsers hat ein umfangreiches philosophisches Werk geschaffen. Und zugleich ist er ein Beispiel für die lebenslange Auseinandersetzung mit einer chronischen Krankheit, die sich in obigem Zitat ausdrückt.
Jeder Mensch mit einer chronischen Erkrankung steht immer wieder vor verschiedensten Herausforderungen, die ein (bisher) gesunder Mensch nicht kennt. Auf die Auseinandersetzung mit einer chronischen Krankheit als ungebetenem Begleiter im Leben werden wir in unserer Gesellschaft allerdings kaum vorbereitet. Es werden zwar in Medizin, Komplementärmedizin und Naturheilkunde zahlreiche Medikamente und Therapieverfahren angeboten zur Heilung von Krankheiten. Die anspruchsvolle Bewältigung einer Krankheit, die bleibt, findet dagegen weniger Beachtung.
Aus diesem Grund braucht es meiner Ansicht nach mehr Reflexion über den Umgang mit chronischer Krankheit.
Gelegenheiten dazu bieten die Patienten-Seminare und die Eidberger Gedankengänge.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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