Selenpräparate werden als Nahrungsergänzung von Herstellern wie zum Beispiel Burgerstein ausdrücklich bei Herzerkrankungen empfohlen.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie nimmt in einer Pressemitteilung Stellung zum Nutzen von Selen für das Herz:
Die Einnahme von Selen schützt nicht vor Herzkreislauferkrankungen. Das schreibt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) anlässlich einer aktuellen Meta-Analyse. Darüber hinaus bestehe anscheinend ein Zusammenhang von Seleneinnahme und erhöhtem Diabetesrisiko, hält die DGE weiter fest. Möglicherweise gebe es jedoch eine positive Wirkung dieses Spurenelementes bei bestimmten Schilddrüsenerkrankungen. Die Fachgesellschaft empfiehlt, sich ähnlich wie bei der Einnahme von Vitamin D und Kalzium auch vor der Einnahme von Selenpräparaten ärztlich beraten zu lassen.
Wozu Selen nötig ist
Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe seien lebensnotwendig und heutzutage auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln weit verbreitet. Das Spurenelement Selen schütze nicht nur die Zellmembran, sondern sei auch an der Regelung des Stoffwechsels beteiligt.
Menschen nehmen Selen mit der Nahrung auf – reich an Selen seien Fleisch, Meeresfrüchte, Fisch sowie Milch- und Getreideprodukte. Ein Selenmangel sei – ähnlich wie ein Vitamin-D-Mangel – in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Erkrankungen in Verbindung gebracht worden, sagt Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Mediensprecher der DGE aus Bochum. Dazu gehören Fehlgeburten, Unfruchtbarkeit bei Männern, Gemütsschwankungen, Alzheimer, Herzkreislauferkrankungen und entzündliche Gelenkerkrankungen.
Einen Beleg, dass die Einnahme von Selen diese Erkrankungen verhindern oder bessern kann, gab und gebe es allerdings nicht, stellt Professor Schatz klar.
Für Herzerkrankungen gibt es nun eine aktuelle Analyse der renommierten Cochrane-Institution über zwölf randomisierte, kontrollierte Studien mit annähernd 20 000 Teilnehmern. Die Resultate dieser Metaanalyse zeigen keinen vorbeugenden Effekt einer Selen-Gabe.
In mit Selen gut versorgten Gegenden der Erde wie in den USA oder auch bei uns, sei eine Selenzufuhr zur kardiovaskulären Vorbeugung offenbar ohne Effekt, kommentiert Schatz.
Ein Selenmangel sei bei uns höchstens bei Veganern oder künstlich ernährten Menschen zu finden.
Eine weitere Studie habe ergeben, dass unter Selengabe das Risiko für Diabetes Typ 2 bis auf das Dreifache steigen kann. Zu ähnlichen Resultaten kamen auch schon frühere Studien.
Zahlreiche Endokrinologen wenden Selen therapeutisch bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse wie der Hashimoto-Thyreoiditis an. Selen diene als Baustein bestimmter Enzyme, welche bei der Produktion der Schilddrüsenhormone beteiligt seien, erklärt Professor Schatz. Aber auch hier sei die Beweislage für die Notwendigkeit einer Selengabe nicht gesichert. Dafür wären dringend prospektive, kontrollierte Therapiestudien mit Selen im Vergleich zu Placebo nötig, die an einer größeren Anzahl von Patienten durchgeführt werden.
Selenpräparate bei gesunden Menschen unnötig
Gesunde Menschen brauchen keine Selenpräparate, sagt der DGE-Mediensprecher.
Die Seleneinnahme ohne Grund könnte sogar schädlich sein. Zu viel Selen kann eine Selenvergiftung auslösen, die Selenose. Deren Symptome sind gemäss Professor Schatz Magendarmbeschwerden, Haarausfall, Nagelveränderungen, Abgeschlagenheit, Reizbarkeit und Nervenirritationen.
Ähnlich ist die Situation auch bei der ärztlich nicht begründeten Zufuhr höherer Dosen von Kalzium. Hier erhöhe sich bei Männern das Risiko an Herzkreislauferkrankungen zu sterben um 20 Prozent, erklärt der Experte und verweist auf eine neue Studie an knapp 400 000 Menschen aus den USA. Weniger sei mehr, das gelte auch im Fall dieser Nahrungsergänzungsmittel, betont Professor Schatz.
Quelle:
http://www.endokrinologie.net/presse_130212.php
Kommentar & Ergänzung:
Sehr fragwürdig ist in diesem Zusammenhang, dass Hersteller wie beispielsweise Burgerstein Selenpräparate mit grossen Versprechungen vermarkten, obwohl noch eine Vielzahl von wichtigen Fragen offen sind. Der Nutzen solcher Nahrungsergänzungsmittel ist nicht wirklich belegt und die Sicherheit nicht wirklich geklärt. Aber das Business läuft wie geschmiert. Burgerstein empfiehlt Selen ausdrücklich bei „Herzerkrankungen (Herzinfarkt, begleitend; Herzinsuffizienz)“.
Siehe auch:
Experimente stärken Zweifel am Nutzen von Antioxidantien
Selen – kein Schutz vor Lungenkrebs
Cochrane-Review: Kein Schutz vor Krebs durch Selen
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
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