Grüntee gehört zu den meist untersuchten Lebensmitteln der letzten Jahre. Wissenschaftler der Universität Basel fanden konnten nun mit einer experimentellen Studie zeigen, dass Grüntee-Extrakt die kognitiven Funktionen des Gehirns verbessert. Nach Ansicht der Forscher haben ihre Resultate grosses Potenzial, die Behandlung von psychischen Störungen wie Demenz zu verbessern. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift «Psychopharmacology» publiziert.
EGCG im Fokus der Forschung
In der Vergangenheit wurden Grüntee-Inhaltsstoffe (vor allem Epigallocatechingallat, EGCG) ausführlich von der Krebsforschung untersucht. Forschende interessieren sich inzwischen aber auch vermehrt für den Einfluss von Grüntee auf die Gehirnfunktionen. In verschiedenen Studien konnte ein günstiger Effekt von Grüntee auf die kognitiven Leistungen nachgewiesen werden. Bisher waren jedoch die neuronalen Mechanismen, auf denen diese Leistungssteigerung basiert, noch unbekannt.
Verbesserte Gedächtnisfunktion
Die Forschungsteams um Prof. Christoph Beglinger vom Universitätsspital Basel und Prof. Stefan Borgwardt von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel konnten nun experimentell zeigen, dass Grüntee-Extrakt die effektive Konnektivität, also den Einfluss, den ein bestimmtes Hirnareal auf ein anderes ausübt, steigert. Dieser Effekt auf die Konnektivität steigerte gleichzeitig auch die Denkleistung: Die Versuchspersonen erzielten nach der Einnahmen des Grüntee-Extrakts signifikant bessere Testergebnisse, insbesondere das Arbeitsgedächtnis verbesserte sich.
Für die Studie bekamen männliche Veruchspersonen einen Softdrink mit mehreren Gramm Grüntee-Extrakt. Mittels Magnetresonanztomografie (MRT) untersuchten die Forscher dann den Effekt des Getränks auf die Hirnaktivität der Männer, während sie Gedächtnisaufgaben lösten. Das MRT zeigte eine deutlich gesteigerte Konnektivität zwischen dem parietalen und frontalen Kortex. Diese neuronalen Resultate korrelierten ebenfalls positiv mit der verbesserten kognitiven Leistung der Testpersonen. Die Studienresultate könnten nach Aussagen von Prof. Borgwardt auf einen positiven Einfluss von Grüntee auf die Kurzzeitplastizität hindeuten, also auf die kurzzeitige Anpassung der Übertragungsstärke der Synapsen des Gehirns.
Klinische Anwendung bei Demenz im Fokus
Die Forschungsergebnis haben nach Ansicht der Studienautoren grosses Potenzial für die klinische Anwendung: Die Erforschung der Konnektivität zwischen den Hirnregionen während der Verarbeitung von Arbeitsgedächtnisaufgaben könnte helfen, die Effektivität von Grüntee für die Therapie von kognitiven Beeinträchtigungen bei neuropsychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel Demenz zu beurteilen.
Quelle:
http://idw-online.de/de/news581446
Originalbeitrag
Schmidt A, Hammann F, Wölnerhanssen B, Meyer-Gerspach AC, Drewe J, Beglinger C, Borgwardt S.
Green tea extract enhances parieto-frontal connectivity during working memory processing.
Psychopharmacology (Berl). 2014 Mar 19. [Epub ahead of print] PMID: 24643507 | doi: 10.1007/s00213-014-3526-1
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24643507
Kommentar & Ergänzung:
Das sind natürlich interessante Forschungsergebnisse. Aber es läuft immer wieder ähnlich: Manche Medien ziehen aus Forschungsresultaten überzogene Schlüsse, weil sich die daraus folgenden Schlagzeilen besser verkaufen.
Beispiel „Blick“: „Schweizer Forscher weisen nach: Grüntee macht schlau“
Quelle: http://www.blick.ch/life/ratgeber/gesundheit/gruentee-macht-schlau-id2785685.html
Zwar fasst der Blick-Artikel die entsprechende Pressemeldung korrekt zusammen: Grüntee verbessert in diesem Experiment die Funktion der Arbeitsspeicher im Gehirn.
Zuwenig berücksichtigt werden aber die Bedingungen, unter denen die Resultate zustande kamen.
So wird zum Beispiel aus diesem Experiment noch keineswegs klar, ob die gefundenen Effekte auch nach einer Anwendung über drei, zehn, fünfzig oder hundert Tage noch vorhanden wären. Bei Demenz wäre aber eine Langzeitanwendung nötig.
Ausserdem betrug die verwendete Menge an Grüntee-Extrakt 27,5 Gramm – das ist eine ganze Menge. Im Abstract der Studie ist nicht ersichtlich, wie konzentriert der Grüntee-Extrakt war – eine Angabe, die für die Beurteilung nicht unwesentlich ist.
Zum Vergleich: Ein Dragees eines Johanniskrautpräparates enthält rund 300mg Johanniskrautextrakt, eine Filmtablette des Ginkgopräparats „Tebokan / Tebofortin“ 240 mg Ginkgoextakt.
Ob derart hohe Dosen bei Langzeitanwendungen von Grünteeextrakt realistisch und verträglich sind, müsste sich erst noch erweisen.
Ob man schlauer wird, wenn man ein paar Tassen Grüntee trinkt, wie die Alzheimer, „Blick“-Schlagzeile suggeriert, ist also noch ganz und gar nicht nachgewiesen.
Hoffen darauf kann man natürlich schon……und es gibt mit Sicherheit ungesündere Getränke als Grüntee.
Sicher ist aber auch, dass sich der Text mit dieser Schlagzeile gut verkauft.
Siehe auch:
EGCG in grünem Tee macht giftige Plaques bei Alzheimer unschädlich
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse
www.phytotherapie-seminare.ch
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch