Polysaccharide sind eine interessante Gruppe pflanzlicher Inhaltsstoffe und als Schleime Bestandteil zahlreicher Heilpflanzen wie Leinsamen, Flohsamen, Lindenblüten, Eibisch, Malvenblüten, Isländisch Moos.
Eingesetzt werden sie vor allem im Verdauungstrakt (gegen Verstopfung, Durchfall, Schleimhautentzündungen) und gegen trockenen Reizhusten. Im Vergleich zu anderen Wirkstoffklassen wie Alkaloiden und Flavonoiden sind Polysaccharide bisher wenig untersucht. Professor Dr. Andreas Hensel von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und seine Arbeitsgruppe untersuchten, was an der Lehrbuch-Hypothese dran ist, dass sich die Polysaccharide wie eine Schutzschicht auf die Schleimhäute auflagern.
Bei Eibisch stellten die Forscher tatsächlich fest, dass sich zeit- und konzentrationsabhängig ein massiver Schutzfilm auf die Epithelschicht der Rachen- und Darmschleimhaut legt. Das funktioniert aber offenbar nur, wenn die körpereigene Mucinschicht noch vorhanden ist, da sich die Polysaccharide über Calciumbrücken darin binden. Hensels Untersuchungen zeigen aber auch, dass Leinsamen nicht bioadhäsiv sind und daher über einen anderen Mechanismus wirken müssen. Sehr stark adhäsiv seien Extrakte aus Lindenblüten und Ringelblumen, berichtet Prof. Hensel. In Zellkulturen konnte Hensels Forschungsgruppe zeigen, dass die Polysaccharide aus dem Eibisch sich nicht nur anlagern und damit physikalisch wirken, sondern die Epithelschicht auch zur Proliferation anregen, also das Wachstum und die Vermehrung der Schleimhautzellen fördern. Das gelte ebenso für Indischen Flohsamen.
Die Forschungsergebnisse aus Münster widersprechen der Lehrbuchmeinung, dass die Polysaccharide wegen ihrer Grösse und Hydrophilie ausserhalb der Zelle bleiben. Polysaccharide – so die neue Erkenntnis – gelangen über aktive Transportmechanismen in die Zelle.
Quelle:
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=41169
Kommentar & Ergänzung:
Bei diesen interessanten Forschungsergebnissen aus Münster handelt es sich allerdings um Laboruntersuchungen an Zellen oder Zellgeweben. Ob die Förderung der Zellproliferation auch im lebenden Organismus stattfindet, ist damit noch nicht klar. Aber es ist ein fundamentaler Unterschied, ob die Schleimstoffe nur auf der Schleimhaut liegen und dadurch einen Schutzeffekt bieten, oder ob sie auch die Zellproliferation günstig beeinflussen. Das könnte ein wichtiges unterstützendes Element sein beispielsweise bei der Behandlung von Mundschleimhautentzündungen bei Chemotherapie. Schleimauszüge aus Eibischwurzel sind in diesem Bereich sowieso schon eine interessante Option. Bei der Zubereitung eines Eibischwurzel-Schleimauszugs braucht es den Kaltauszug.
Siehe auch: Wirkungsweise von schleimhaltigen Heilpflanzen entschlüsselt
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