Das Verwaltungsgericht in Köln hat vor kurzem entschieden, dass Schmerzpatienten in Ausnahmefällen Cannabis zu Therapiezwecken selbst zu Hause anbauen dürfen.
Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Andreas Kiefer, äusserte sich nun kritisch zu diesem Urteil. Wenn Cannabis gegen Schmerzen eingesetzt werde und die Funktion eines Arzneimittels habe, dann müsse es auch wie ein Arzneimittel behandelt werden, sagte er. Cannabis solle vom Arzt verordnet, von der Krankenkasse bezahlt und von der Apotheke unter kontrollierten Bedingungen abgegeben werden.
Der BAK-Präsidenten verlangt zudem strenge Qualitätskontrollen. Vom Anbau bis zur Anwendung müssten an Cannabisblüten die Standards angelegt werden, die für alle Arzneimittel gelten. Sie müssten daher entweder ein herkömmliches Zulassungsverfahren durchlaufen oder eine Monographie, wie der Deutsche Arzneimittel-Codex, müsse die pharmazeutischen Qualitätsstandards eindeutig definieren. Diese Standards fehlen bisher. Bei einem Eigenanbau im Wintergarten sei die Einhaltung der für Arzneimittel üblichen Qualitätsstandards daher nicht gewährleistet, betont Kiefer. Die BAK möchte sich erst detailliert zum Entscheid des Verwaltungsgerichts äußern, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.
Quelle:
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=53289
Kommentar & Ergänzung:
Man kann natürlich sagen, dass die Zulassung des Eigenanbaus von Cannabis für die Apothekenbranche ein Umsatzverlust ist (wenn auch zum jetzigen Zeitpunkt nur ein kleiner).
Die Einwände des BAK-Präsidenten auf diesen kommerziellen Aspekt hin festzulegen greift aber zu kurz.
Ja, Arzneimittel sollten gewissen Qualitätsstandards unterliegen.
Und ja, beim Eigenanbau sind die Dosierungen und die Konzentration von relevanten Inhaltsstoffen wie THC und Cannabidiol alles andere als klar.
Und ja, der Weg via Verschreibung, Bezug über die Apotheke und Vergütung durch die Krankenkasse wäre sicherer.
Andererseits haben gerade Patienten mit chronischen Krankheiten wie Multipler Sklerose oft viel Erfahrung mit ihrem Cannabis-Eigenanbau und können die Wirkung ihrer Pflanzen gut einschätzen. Kaufen sie Cannabis auf dem Schwarzmarkt, sind sie bezüglich Qualität und Wirkstoffkonzentration viel grösseren Schwankungen und Ungewissheiten ausgesetzt.
Dass man Patientinnen und Patienten, die zu therapeutischen Zwecken Cannabis anbauen, entkriminalisiert ist meines Erachtens eine Frage der Menschenwürde.
Die eigene Hanfplantage zuhause für jeden Schmerzpatienten ist allerdings auch keine Lösung. Das Gericht in Köln hat deshalb den bewilligten Eigenanbau als „Notlösung“ bezeichnet.
Die Politik ist nach wie vor gefragt, nach gangbaren Wegen zu suchen.
Zum Entscheid des Kölner Gerichts und zur Situation betreffend legaler Anwendung von Cannabis als Arznei in der Schweiz siehe:
Gericht erlaubt Schmerzpatienten Eigenanbau von Cannabis
Zur medizinischen Anwendung von Cannabis:
Weitere Beiträge zur medizinischen Anwendung von Cannabis, aber auch zu Risiken und Nebenwirkungen, finden Sie über die Suchfunktion in diesem Blog.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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