Eckart von Hirschhausen ist Arzt und Kabarettist. Vor kurzem hat er dem „Tagesspiegel“ ein Interview gegeben.
Zitat Eckart von Hirschhausen:
„Der Gedanke, dass die Menschen nur die nötigen Informationen brauchen, um sich nach dem aktuellen Stand des Wissens richtig zu entscheiden, der ist auf eine erschreckende Art und Weise schiefgegangen. Und das sieht man nicht nur im Bereich Medizin, aber da kenne ich mich am besten aus. Wenn wir krank sind, sind wir viel zu schnell bereit, alles, was wir über geprüftes Wissen und gute Entscheidungen gelernt haben, über Bord zu schmeißen und dubiosen Ideen zu folgen. Kristall, Kügelchen, Bachblüten sind ein Beispiel dafür. Das ist eine Ersatzreligion, das sind Glaubensinhalte geworden, das merkt man an der Vehemenz und Dogmatik, mit der beispielsweise Impf-Gegner ihren Standpunkt verteidigen. Dabei ist das eine der besten und wirksamsten Präventionsmaßnahmen, die in der Medizingeschichte entwickelt wurden. Dass wir in Deutschland wieder Kinder haben, die an Masern sterben, ist so unnötig, dass mir dafür die Worte fehlen. Wenn wir also mit Vernunft alleine offenbar nicht weiterkommen, müssen wir in der Medizin wieder mehr Magie wagen und näher ran an die irrationalen Bedürfnisse. Die Heilkunst ist durch die Jahrtausende immer auch Unterhaltungskunst gewesen, wenn man an Medizinmänner und Jahrmarktsheiler denkt. Wir brauchen heilsamen Zauber, aber wir müssen die Leute trotzdem warnen, dass sie nicht auf Scharlatane reinfallen, die ihre Sehnsucht nach Magie nutzen, um ihnen jeden Scheiß zu verkaufen. Man kann Krebs nicht mit Aprikosenkernen behandeln.“
Quelle:
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/dr-eckart-von-hirschhausen-verglichen-mit-van-gogh-geht-es-mir-blendend/10370898.html
Kommentar & Ergänzung:
Ich bin mit diesem Zitat Eckart von Hirschhausens grösstenteils einverstanden.
Die Gratwanderung zwischen „vor Scharlatanerie warnen“ einerseits und „mehr Magie“ beziehungsweise „näher ran an die irrationalen Bedürfnisse“ andererseits, scheint mir allerdings nicht gerade einfach.
Zudem müsste noch geklärt werden, was genau mit „Magie“ gemeint ist. An diesem Punkt kann man leicht aneinander vorbeireden, wenn der Begriff nicht konkretisiert wird.
Meiner Ansicht nach braucht es allerdings nicht „mehr Magie“ und auch kein „näher ran an irrationale Bedürfnisse“.
Ernstnehmen und genügend Zeit haben bringen schon sehr viel.
„Magische“ Geschichten kommen oft dann ins Spiel, wenn die Medizin an Grenzen kommt. Und die Medizin kommt zwangsläufig an vielen Punkten immer wieder an Grenzen, weil nicht alles heilbar und machbar ist.
Das ist oft nicht einfach zu akzeptieren, vor allem wenn man selber der Betroffene ist. Wir haben weit verbreitet ein Gesundheitsideal, das Störungen und Beschwerden nicht mehr als Teil des Lebens verstehen kann. Beschwerdefreiheit und Schmerzfreiheit werden dann als Anrecht eingefordert. Natürlich ist es jedem Mensch zu gönnen, wenn er oder sie lebenslang ohne Schmerzen und sonstige Beschwerden bleibt.
Realistisch ist es in den meisten Fällen aber wohl nicht.
„Magische“ Verfahren kommen oft dann zum Zug, wenn die Medizin diesen Anspruch auf Beschwerdefreiheit und Schmerzfreiheit nicht einlösen kann. Im weiten Feld von Komplementärmedizin und Alternativmedizin kann man lange nach immer wieder neuen Angeboten suchen. Das sind dann allerdings oft eher „Plomben“, die eine Lücke stopfen
Ernst nehmen und Zeithaben würden da oft genauso gut helfen. Genauso wie ein paar Rituale, die Zeit und Zuwendung vermitteln – ein Kräutertee etwa, eine Einreibung, ein Wickel.
Das kann noch ganz und gar „unmagisch“ bleiben, hat aber oft doch eine sehr günstige Wirkung.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch