Ich werde immer mal wieder darauf angesprochen, welche Empfehlungen zur Leberreinigung ich geben würde. Im Moment explodiert das Internet geradezu mit diesem Thema.
Leberreinigung wird empfohlen mit Apfelsaft, Olivenöl, Grapefruitsaft, Gilbweiderich, Löwenzahn, Curcumin, Guter Heinrich, Mariendistel, Knoblauch, Chili, Spinat, Artischocke, Gartenmelde, Avocados, Walnüssen, Rettich, ….
……um nur einen kleinen Teil der Empfehlungen aufzuführen.
Meine Empfehlung zur Leberreinigung: Lassen Sie es bleiben!
Hier wird nämlich ein Problem erfunden, damit man Ihnen eine Lösung empfehlen bzw. verkaufen kann.
Wer Ihnen eine Leberreinigung empfiehlt, verdeutlicht damit nur, dass er oder sie die Funktion der Leber nicht verstanden hat.
Und nur schon die riesige Zahl der empfohlenen Leberreinigungsmittel müsste skeptisch machen. Würde wirklich eines davon einen handfesten Effekt zeigen, hätte es sich wahrscheinlich durchgesetzt. Leo Tolstoi soll einmal geschrieben haben, dass eine Krankheit, gegen die sehr viele Mittel empfohlen werden, wahrscheinlich unheilbar sei.
Die Leber lässt sich nicht reinigen – mit keinem der propagierten Mittel.
Die Leber ist zwar ein wichtiges Entgiftungsorgan. Sie baut zahlreiche Fremdstoffe und Stoffwechselprodukte um und ab. Aber sie selbst kann nicht durch irgendwelche Stoffe oder Pflanzen gereinigt werden. Eine normale und gesunde Leber hat das auch nicht nötig.
Niemand von den Leberreinigungs-Propagandisten kann zudem begründet sagen, auf welche Art und Weise dieser Vorgang stattfinden und von welchen Stoffen genau die Leber gereinigt werden soll.
Bei Leberreinigungskuren mit Olivenöl scheinen die Anwender manchmal zahlreiche kleine, runde, steinchenartige Gegenstände aus, die dann als Gallensteine oder “Schlacken“ interpretiert werden. Es handelt sich aber um unverdaute Fettbestandteile. Wir haben es also hier mit einer klassischen Selbsttäuschung zu tun.
Warum wird die Leberreinigung so stark propagiert?
Ich glaube, das hat damit zu tun, dass die Propagandisten dieser Kuren erzählen, was viele Leute gerne hören möchten. Damit kommt man immer gut an. Das ist eine Erfolgsgarantie.
Und warum wollen viele Leute das gerne hören? Wir sind verunsichert durch die wiederkehrenden Meldungen von Schadstoffen in der Umwelt. Und weil wir uns als Individuen an diesem Punkt machtlos fühlen, kommt die Idee der innerlichen Putzaktion auf dem eigenen Terrain. Das Problem der Pestizide lässt sich aber nur politisch lösen. Die Leberreinigung ist eine illusionäre individualistische Lösung. Wer glaubt, durch individuelle innerliche Putzaktionen zum Ziel zu kommen, wird sich weniger für politische Lösungen engagieren. In diesem Sinne hat die Leberreinigung auch eine entpolitisierende Wirkung.
Uns wird aber auch von allen Seiten eingeredet, was wir alles für unsere Gesundheit tun müssten. Niemand kann all die mehr oder weniger guten Ratschläge voll umsetzen. Da fühlt man sich schnell einmal schuldig und eine „Leberreingung“ beruhigt dann das schlechte Gewissen. Das ist vergleichbar mit dem Ablasshandel in früheren Zeiten.
Die Empfehlungen zur Leberreinigung bewegen sich auf dem Niveau von Donald Trump. Der erzählt bekanntermassen auch einfach, was bei seinen Anhängerinnen und Anhängern gut ankommt und zugleich seine eigene Position erhöht. Ob das gesagt wahr ist oder nicht, spielt keine Rolle. Genauso geht es mit den Empfehlungen zur Leberreinigung.
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Die Phytotherapie kennt natürlich „Leberpflanzen“, aber man muss hier unbedigt differenzieren. Wir haben es in diesem Bereich entweder mit Arzneipflanzen zu tun, welche die Produktion von Gallenflüssigkeit in der Leber anregen und damit die Fettverdauung verbessern. Das hat aber nichts mit Leberreinigung zu tun.
Oder wir reden von Arzneipflanzen, von denen eine gewisse Schutzwirkung bei Zufuhr leberbelastender Stoffe erwartet wird (Mariendistel, eventuelle auch Artischocke). Das hat ebenfalls nichts mit Leberreinigung zu tun.
Klar ist jedenfalls:
Um „Leberpflanzen“ sinnvoll anzuwenden, braucht es zuerst eine ärztliche Diagnostik. Es muss geklärt werden, was der Leber fehlt. Eine gesunde, normal funktionierende Leber braucht keine Behandlung. Indem man den Menschen einredet, dass sie eine Leberreinigung brauchen, unterminiert man das Vertrauen in den eingenen Körper.
Wer seiner Leber etwas Gutes tun will, kann das mit ein paar einfachen Verhaltensregeln:
- Alkohol meiden oder nur in sehr kleinen Mengen einnehmen.
- Übergewicht meiden.
- Leberbelastende Arzneimittel nur dann nehmen, wenn es wirklich nötig ist.
Wer sich für Wirkstoffe und Heilpflanzen-Anwendungen interessiert, kann dazu fundiertes Wissen erwerben in meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.