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Klimahysterie zum „Unwort des Jahres“ gewählt

Gesellschaftliches

Avatar-FotoMartin Koradi14.01.2020

Klimahysterie wurde zum Unwort des Jahres 2019 gekürt. Mit dem Wort würden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert. Das  erklärte die Sprecherin der Jury, Nina Janich. Der Begriff pathologisiere pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als Art kollektiver Psychose.

Das Wort «Klimahysterie» sei gleich von mehreren Vertretern von Politik, Wirtschaft und Medien benutzt worden. Zum Beispiel von AfD-Politiker Alexander Gauland, der sagte: „Die Klimahysterie der anderen Parteien wird die AfD nicht mitmachen.“

Die sprachkritische Aktion „Unwort des Jahres“ will auf unangemessenen Sprachgebrauch in der Öffentlichkeit aufmerksam machen und dadurch die Bevölkerung sensibilisieren. Sie rügt Wörter, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistische, verschleiernde oder irreführende Formulierungen sind.

Die Sprecherin der Jury, Nina Janich, ist Professorin für germanistische Linguistik an der TU Darmstadt. Weitere Jurymitglieder sind der Autor und Journalist Stephan Hebel, Kersten Sven Roth (Professor für germanistische Linguistik an der Universität Magdeburg), Jürgen Schiewe (Professor für germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Greifswald, im Ruhestand) und Martin Wengeler (Professor für germanistische Linguistik an der Universität Trier).

Quelle:

https://www.spiegel.de/kultur/literatur/unwort-des-jahres-2019-ist-klimahysterie-a-f73d88e7-0a7d-4267-b56e-2fbad9c57fa5

Herzlich willkommen!

Kommentar & Ergänzung:

„Klimahysterie“ als Diffamierungsstrategie

Wer den Begriff «Klimahysterie» in die Politarena wirft, greift klar zum Mittel der Diffamierung, um sich nicht mit Argumenten befassen zu müssen. Das ist eine grundsätzlich demokratiefeindliche Vorgehensweise. Dem politischen Gegner wird eine veraltete psychiatrische Diagnose angehängt. Das zeugt von fehlender demokratischer Kultur.

Das Wort «Hysterie» stammt aus der altgriechischen Sprache und bedeutet «Gebärmutter».

In den antiken Beschreibungen der Hysterie wird die Ursache dieser Krankheit in einer umherwandernden Gebärmutter gesehen. «Konzeptionell ging man unter anderem davon aus, dass die Gebärmutter, wenn sie nicht regelmäßig mit Samen (Sperma) gefüttert werde, im Körper suchend umherschweife, im Falle einer suffocatio bis zum Herzen aufsteigen kann und sich dann sogar am Gehirn festbeiße. Dies führe dann neben weiteren Krankheitssymptomen zum typischen „hysterischen“ Verhalten.» (Quelle: Wikipedia).

Die Wurzeln des Begriffs «Hysterie» sind also eng mir dem weiblichen Geschlecht verbunden. Passen dazu werden überwiegend Frauen als «hysterisch» im Sinne einer übertriebenen Theatralik abqualifiziert. Darum haftet der Diffamierung mit dem Begriff «Klimahysterie» auch eine sexistische Komponente an, insbesondere noch, wenn er in Zusammenhang mit jüngeren Klimaaktivistinnen verwendet wird.

Den Begriff „Klimahysterie“ gegen seine Verwender wenden?

Johannes Schneider hat in einem Kommentar in der «Zeit» allerdings darauf hingewiesen, dass der Begriff «Klimahysterie» auch anders gebraucht werden könnte und sich dann gegen die wendet, die ihn so gerne im Mund führen:

«Wenn jemand wie Alexander Gauland das Wort „Klimahysterie“ gebraucht, um das Klimahandeln aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien zu diskreditieren, ist just das ein Zeichen von – genau – Klimahysterie. Wer ernsthaft behauptet, CDU und SPD befänden sich in klimahysterischen Zuständen, bedient sich selbst klimahysterischer Zuschreibungen. Er leugnet die Bedingungen seines eigenen Lebens und argumentiert mit einer Scheinrealität, in der nicht zuletzt die Gesetze der Physik pseudowissenschaftlich neu definiert werden. Mehr Hysterie geht ja kaum.»

Quelle:

https://www.zeit.de/kultur/2020-01/unwort-des-jahres-2019-klimahysterie-instrumentalisierung

Interessante Idee. Ich würde den Begriff Hysterie lieber aus der politischen Diskussion heraushalten und Argumenten den Vorzug geben. Es ist aber schon erstaunlich wenn manche mehr oder weniger älteren Männer wie Alexander Gauland oder Roger Köppel vollständig die «Contenance» verlieren und wilde Diffamierungen ausstossen, wenn sie von jungen Frauen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen konfrontiert werden. Die «Vogel-Strauss-Haltung» des «Kopf-in-den-Sand-steckens» gegenüber der Klimaerwärmung, wie sie von AfD, FPÖ und Teilen der SVP praktiziert wird, ist sehr bemerkenswert. Wer mehr auf Verschwörungstheorien setzt als auf wissenschaftliche Erkenntnisse, disqualifiziert sich und zeigt, dass ihm zukünftige Generationen ziemlich egal sind.

Faktencheck: Behauptungen zur Klimaerwärmung – seriös beantwortet (SWR3)

Gletscher-Initiative

7 Fakten zum Klimawandel – National Geographic

Wie der Frosch im Kochtopf (Kommentar von Michael Herrmann)

 

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