Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) rät dringend von der Einnahme des Produktes „Miracle Mineral Supplement“ („MMS“) ab. Die im Internet von diversen Händlern angebotenen Produkte können gemäss Meldungen aus dem In- und Ausland nach dem Konsum zu gastrointestinalen Störungen (Erbrechen, Bauchkrämpfe, Durchfall) oder bei direktem Hautkontakt der unverdünnten Lösungen zu Verätzungen führen.
Seit 2008 wird „Miracle Mineral Supplement“ von diversen Anbietern aus dem In- und Ausland über das Internet angepriesen. Je nach Anbieter soll „MMS“ zur Wasserdesinfektion eingesetzt werden oder es wird als „Nahrungsergänzungsmittel mit heilenden oder vorbeugenden Wirkungen gegen pathogene Keime“ propagiert. Vereinzelt wurde es sogar zur Krebsbehandlung oder als AIDS-Therapie angeboten. Der Name des Produktes ist irreführend, d.h. es werden beim Konsum von „MMS“ dem menschlichen Organismus keine Mineralstoffe im ursprünglichen Sinn zugeführt.
MMS
„MMS“ wird in der Regel in 2 Fläschchen angeboten: In einem der Fläschchen ist eine etwa 30 %M Natriumhypochlorit-Lösung enthalten, im zweiten Fläschchen entweder eine wässerige Lösung von Weinsäure oder Zitronensäure oder verdünnte Salzsäure als sogenannter „Aktivator“. Von beiden Lösungen sollen einige Tropfen in etwas Wasser gegeben und in dieser Form konsumiert werden. Beim Zusammengeben beider „MMS“-Lösungen entwickelt sich elementares Chlor, ein sehr aggressives und toxisches Gas, das zum Teil im Wasser gelöst bleibt. Die Angaben auf den Produkten entsprechen gemäss erhaltenen Informationen der Lebensmittelvollzugsbehörden weder dem schweizerischen Lebensmittel- noch dem Chemikalienrecht.
Gesundheitsbehörden der Vereinigten Staaten (FDA), Kanada (Health Canada), von Grossbritannien (Food Standards Agency) und zuletzt von Frankreich (L’Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé, Afssaps) haben schon vor der Verwendung von „MMS“ gewarnt. Der Konsum von „MMS“ kann gastrointestinale Störungen unterschiedlichen Schweregrades auslösen bis hin zu Hospitalisation wegen lebensbedrohlichen Zuständen. In der Schweiz hat das Schweizerische Toxikologische Informationszentrum (STIZ) ebenfalls verschiedene Meldungen über gesundheitliche Störungen nach der Einnahme von „MMS“ erhalten.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) rät darum vom Konsum von „MMS“ dringend ab. Allfällige noch bei Konsumentinnen und Konsumenten vorhandene Warenbestände sollten der Vernichtung in einer Alt-Chemikaliensammelstelle zugeführt werden.
Quelle:
http://www.bag.admin.ch/themen/lebensmittel/04861/11249/index.html?lang=de
Kommentar & Ergänzung: Warnung: Miracle Mineral Supplement (MMS)
Alle Jahre wieder kommt irgendein Wundermittel auf und heilt alle Krankheiten der Welt. Jedes mal wird der absolute Durchbruch versprochen gegen Krebs, Aids und alles, woran Menschen sterben können. Seit einiger Zeit also das Miracle Mineral Supplement (MMS). Erschütternd ist, wie unkritisch viele Leute auf solche angeblichen Wundermittel fliegen. Was unter dem Label Komplementärmedizin oder Alternativmedizin segelt, gilt offenbar ohne jede Nachfrage als heilsam.
Noch erschütternder ist, wie leichtfertig das Wundermittel MMS von vielen Therapeutinnen und Therapeuten aus Naturheilkunde, Komplementärmedizin und Alternativmedizin propagiert wurde, von Naturärzten und Naturärztinnen, Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern. Es fehlt hier über weite Strecken jedes kritische Denken – und es fehlt seit Jahren an einer soliden Qualitätssicherung.
„Naiv und leicht täuschbar zu sein, ist unverantwortlich, besonders heute, wo Lügen zu einer Katastrophe führen können, weil sie für echte Gefahren wie auch für reale Möglichkeiten blind machen.“
Zitat aus: Erich Fromm, Vom Haben zum Sein, Band 1, Beltz Verlag 1989
Erich Fromm, 1900 – 1980, deutsch-amerikanischer Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialphilosoph.
Nicht genug, dass das Miracle Mineral Supplement (MMS) riskant ist. Es fehlt auch jeder auch nur ansatzweise handfeste Hinweis auf eine heilende Wirkung. Aber natürlich gibt es schon zahllose Wunderberichte von Leuten, die dem Produkt sagenhafte Heilwirkungen zuschreiben, und dabei wieder einmal den Placeboeffekt, die Selbstheilungskräfte des Organismus oder die natürlichen Schwankungen im Verlauf von chronischen Erkrankungen ausblenden.
Siehe dazu auch:
Artikel „Warum wir gesund werden“ in der Zeitschrift „Natürlich“.
Warum werden unsere Kranken eigentlich wieder gesund? – ein Buch von Asmus Finzen im Buchshop.
Und was bitte sehr hat Chlorgas mit Naturheilkunde zu tun?
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch