Eine klinische Studie von Forschern der MedUni Wien fand für Granatapfelsamen-Öl keine statistisch signifikante Wirkung bei Frauen mit Menopause-bedingten Wallungen. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Menopause veröffentlicht.
Im Rahmen einer zwölfwöchigen Beobachtungsperiode verminderte Granatapfelsamen-Öl nicht signifikant die Wallungen Für die Bestimmung von Langzeiteffekten wären jedoch weitere Studien nötig, schrieben die Autoren von der Universitäts-Frauenklinik (Ambulanz für Komplementäre Medizin) der MedUni Wien am AKH.
Für die klinische Studie bekamen 81 Frauen in den Wechseljahren zwölf Wochen lang entweder zweimal täglich Kapseln mit Granatapfelsamen-Öl (127 Mikrogramm Phytoöstrogene pro Kapsel) oder ein Placebo.
Die Versuchspersonen wurden den beiden Gruppen per Zufall zugeteilt. Weder die beteiligten Ärzte noch die Frauen wussten, welche der Probandinnen Placebo und welche die Kapseln mit Inhaltsstoff einnahmen.
Die Resultate waren statistisch nicht aussagekräftig: In der Gruppe der Frauen mit den echten Kapseln verminderte sich die Zahl der Wallungen pro Tag um durchschnittlich 4,3 (minus 38,7 Prozent). In der Placebogruppe allerdings reduzierte sich die Zahl solcher Attacken auch um 2,5 pro Tag oder um 25,6 Prozent. Die Differenz zwischen den beiden Gruppen war nicht signifikant. Eine Gesamt-Bewertung mit einem Fragebogen zeigte allerdings doch eine deutliche Besserung vegetativer Beschwerden.
Die Studie trägt jedenfalls zur Klärung bei, weil gerade zur Behandlung von Beschwerden der Wechseljahre unzählige Mittel propagiert werden, die häufig keinen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis besitzen. Auf der anderen Seite ist die Behandlung mit künstlichen Hormonen (Hormonsubstitution) vor Jahren hauptsächlich wegen einer Steigerung des Krebs- und Herz-Kreislauf-Risikos in Verruf gekommen. Sie wird heute deutlich seltener als früher eingesetzt. Das dürfte auch die Brustkrebs-Neuerkrankungsraten vermindert haben.
Quelle:
http://madonna.oe24.at/gesund/Granataepfel-sind-doch-keine-Wunderwuzzis/74575160
Kommentar & Ergänzung:
Der Granatapfel oder Grenadine (Punica granatum) ist eine interessante Frucht. Sie enthält selbst im Vergleich zu Rotwein und Heidelbeeren besonders viele und stark wirksame Polyphenole, welche für positive gesundheitliche Effekte verantwortlich gemacht werden. Die empfohlenen Anwendungsbereiche sind dabei vielfältig und umfassen vor allem Herzkrankheiten, Krebs, Arthritis und Wechseljahrsbeschwerden.
Von den mehr als 250 wissenschaftlichen Studien beschränken sich allerdings die meisten auf Versuche mit Zellkulturen oder Tieren. Die Übertragbarkeit der Resultate auf den Menschen bleibt deshalb bis jetzt oft fraglich und muss in entsprechenden Studien noch belegt werden. Wie die oben beschriebene Studie zeigt, sind die Ergebnisse bei Patientinnen jedenfalls nicht immer überzeugend.
Granatapfelprodukte sind als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt. Das heisst, sie müssen für eine Zulassung keine Wirksamkeit belegen. Ausserdem gibt es beträchtliche Unterschiede bezüglich Qualität und Gehalt an wirksamen Polyphenolen. Der „Granatapfel-Boom“ wird dadurch immer unübersichtlicher.
Inzwischen verkauft selbst die Migros Granatapfelkapseln. Auf der Packung steht, der Granatapfel sei ein Sinnbild für Leben, Liebe, Schönheit und Macht. Und in der Granatapfelkapsel sei die Mystik dieser Frucht eingefangen.
Da stellen sich für mich schon ein paar Fragen:
Wie fängt man denn die Mystik einer Pflanze in eine Kapsel ein? Bestimmt braucht es dazu das Lösungsmittel Mystagol.
In dem löst sich Mystik perfekt……..
Im Ernst:
Die Symbolik der Pflanzen ist ein faszinierendes Phänomen.
Vor allem bietet sie grossartige Einblicke in die Kulturgeschichte.
Der Mensch ist – nach Ernst Cassirer (1874 – 1945) ein „animal symbolicum“, das heisst ein symbolbildendes und symbolverwendendes Wesen. Der Mensch hat nur über Symbole einen Wirklichkeitsbezug. Der Begriff „animal symbolicum“ hebt die typisch menschliche Fähigkeit hervor, Symbole hervorzubringen und in einer Welt der Symbole zu denken und zu leben.
In seinem Hauptwerk „Philosophie der symbolischen Formen“ und vor allem in seinem anthropologischen Spätwerk „Versuch über den Menschen“ erläutert Ernst Cassirer den Begriff.
Wikipedia zum „animal symbolicum“:
„Der Mensch lebt nicht in einer rein physischen Umwelt, sondern in einem symbolischen Universum. Sprache, Mythos, Kunst, Religion und alle anderen Bereiche kulturellen Wirkens bilden die Fäden des symbolischen Gewebes. Jeder Fortschritt des menschlichen Denkens und der menschlichen Erfahrung verstärkt und erweitert dieses Gewebe…. Der Mensch zeichnet sich…..dadurch aus, dass er der Welt über das Symbol sowohl individuelle als auch kollektiv konnotierte Bedeutung verleiht.“
Die Symbolik der Pflanzen ist ein wunderbares Kulturprodukt des Menschen. Mit den Pflanzen hat sie in diesem Sinne nichts zu tun. Wenn also die Migros die Mystik des Granatapfels in eine Kapsel einfangen will, scheint mir das ziemlich despektierlich. Oder nehme ich Packungsbeschreibung da vielleicht zu ernst….?
Hier noch der Abschnitt „Der Granatapfel in der Symbolik“ aus Wikipedia:
„ Der Granatapfel ist seit Urzeiten ein Symbol für Leben und Fruchtbarkeit, aber auch für Macht (Reichsapfel), Blut und Tod.
In der christlichen Symbolsprache kann der Granatapfel für die Kirche als Ekklesia stehen, als Gemeinschaft der Gläubigen. Er symbolisiert auch das Enthaltensein der Schöpfung in Gottes Hand bzw. Vorsehung. Er ist außerdem auch Symbol des Priesterstandes, weil er in seiner harten Schale (= Askese des Priesterstandes) reiche Frucht trägt. Aufgrund dieser Symbolik taucht der Granatapfel in zahlreichen mittelalterlichen Tafelgemälden auf. So spielt zum Beispiel auf der von Matthias Grünewald 1517/1519 geschaffenen Stuppacher Madonna das Jesuskind mit dem Granatapfel, den ihm seine Mutter reicht. Damit ist die Frucht der Schlüssel zu der mit diesem Gemälde verbundenen Aussage, dass Maria die Mutter der Kirche sei.
Der Orden der Barmherzigen Brüder hat als Emblem einen Granatapfel mit Kreuz. Zum einen wurde der Orden in der spanischen Stadt Granada gegründet, die in ihrem Wappen den Granatapfel hat. Zum anderen gilt der Granatapfel bei vielen Völkern als Symbol der Liebe, der Fruchtbarkeit und Unsterblichkeit. In der katholischen Kirche wurde der Granatapfel schon bald zu einem Symbol für Jesus.
Der Granatapfel ist auch Bestandteil der Wappen der Stadt Granada, der gleichnamigen Provinz und vieler ihrer Orte, sowie Teil des Wappens von Spanien, wo es das alte Königreich Granada nach der Übernahme durch die christlichen Herrscher Spaniens repräsentiert.
In China gilt der Granatapfel wegen seiner vielen Kerne als Symbol für Fruchtbarkeit und Kinderreichtum.“
Siehe auch:
Granatapfel: Jungbrunnen? Sex-Booster?
Pflanzenheilkunde: Granatapfel
Granatapfel-Extrakt als natürlicher Wehenförderer?
Ellagsäure aus Granatapfel hemmt Brustkrebs im Labor
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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