Vitalstoffe, Ayurveda, Homöopathie, Akupunktur, Luna-Yoga, Schüssler Salze – viele Paare unternehmen fast alles, um ein Kind zu bekommen. Das Wochenmagazin „Die Zeit“ hat das komplexe Thema „Komplementärmedizin & unerfüllter Kinderwunsch“ in einem längeren Beitrag aufgegriffen.
Eine 2009 in Dänemark durchgeführte Studie kam zum Schluss, dass ungefähr jede dritte Patientin eines reproduktionsmedizinischen Zentrums auch alternativmedizinische Angebote nutzt.
Dabei fehlt es nicht an Erfolgsmeldungen. Im Einzelfall ist allerdings nie mit Gewissheit festzustellen, ob die Schwangerschaft aufgrund der angewandten Alternativmethode eingetreten ist. Es kommt auch aus anderen Gründen vor, dass jemand während oder nach einer Behandlung schwanger wird.
Weil Einzelfallberichte nicht aussagekräftig sind, wären grössere Studien mit Patientinnen nötig, in denen eine Methode mit einer Placebo-Gruppe verglichen wird.
Auf dieser Ebene gibt es für keine der Alternativmethoden wasserdichte Belege die für eine Wirksamkeit sprechen.
Aus dem „Reich“ der Phytotherapie erwähnt „Die Zeit“ den Mönchspfeffer (Keuschlamm):
„Da wird in der Phytotherapie beispielsweise Keuschlamm (Agnus castus) gegen eine Schwäche des Gelbkörperhormons empfohlen. Ob das hilft, ist unklar.“
Insgesamt sei die Wirkung pflanzlicher und homöopathischer Arzneimittel bei unerfülltem Kinderwunsch noch erschreckend schlecht evaluiert.
Es bestehe das Risiko, dass Paare mit unwirksamen Methoden wertvolle Zeit verlieren, sagt einer der befragten Experten.
Die Studie aus Dänemark zeigte im übrigen ein überraschendes Phänomen:
Die Frauen, die irgendeine alternative Zusatzbehandlung machten, waren ein Jahr später seltener schwanger als die anderen. Das wirft die Frage auf, ob manche dieser Methoden das Gegenteil bewirken? Wahrscheinlicher sei aber eine andere Erklärung, nämlich dass diese Frauen die schulmedizinische Behandlung weniger konsequent mitmachten. Andere Störfaktoren wie das Alter oder die Dauer des Kinderwunsches fallen als Ursache für diese Differenz aus. Sie wurden von den Forschern bereits herausgerechnet.
Quelle:
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2013-04/kinderwunsch-komplementaermedizin
Kommentar & Ergänzung:
Was den Mönchspfeffer betrifft, stimmt die Aussage. Es gibt Hinweise aus klinischen Studien, die nahe legen, dass Mönchspfeffer-Präparate nützlich sein könnten bei unerfülltem Kinderwunsch. Ein handfester Wirksamkeitsnachweis fehlt aber. Sinn könnte ein Versuch mit Mönchspfeffer nur machen, wenn dem unerfüllten Kinderwunsch eine Gelbkörperschwäche bzw. Hyperprolactinämie zugrunde liegt. Bei allen anderen Ursachen ist die Anwendung von Mönchspfeffer zum Vorneherein nicht plausibel.
Siehe auch:
Mönchspfeffer bei Kinderwunsch
Mönchspfeffer bei unerfülltem Kinderwunsch
Ohne jede Glaubwürdigkeit ist die Empfehlung von Storchenschnabeltee oder Storchenschnabeltinktur:
Pflanzenheilkunde: Storchenschnabeltee gegen Kinderlosigkeit?
Und zum Thema Akupunktur:
In-vitro-Fertilisation: Scheinakupunktur besser als echte Akupunktur
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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