Bin gerade auf ein interessantes Zitat gestossen:
“Sehen Sie, sagte mir einst Assessor Gutenberger, als wir miteinander zum Rothen Bühlthor hinausspazierten, sehen Sie, wie man mir diesen Platz ruinirt hat! Ich sah hin; wo seit undenklicher Zeit Schutthaufen gelegen hatten, zog sich auf dem geebneten Boden eine schnurgerade Reihe junger Äpfelbäume hin, die Fläche aber war mit Klee eingesät worden, der üppig heranwuchs. Ruinirt? fragte ich lächelnd. Ruinirt, wiederholte er, hier standen die herrlichsten Exemplare von Xanthium strumarium, von Leonurus cardiaca, Onopordon acanthium, Hyoscyamus niger,* das alles ist vertilgt und was sieht man? Äpfelbäume, Klee, die kann man überall sehen! Seitdem gehe ich nicht leicht mehr zum nun auch ruinirten Rothen Bühlthor hinaus, ohne an diese ruinirte Gesellschaft zu denken. Wie Vieles ist seitdem auf diese Weise ruinirt worden!”
* = Spitzklette, Herzgespann, Eselsdistel, Bilsenkraut
(G. v. Martens, 1855, Quelle: Michael Lohmann, Naturinseln in Stadt und Dorf, BLV Verlag 1986)
Erstaunlich, dass die Zerstörung von Naturinseln in der Stadt schon vor über 150 Jahren ein Thema war und als Verlust erlebt wurde
Seither wurde die Natur in der Stadt noch sehr viel weiter zurück gedrängt. Allerdings gibt es in manchen Städten seit etwa 10 Jahren eine Kehrtwende. Viele Stadtgärtnereien sind toleranter geworden gegen “Wildwuchs”. Heilkräuter und Wildblumen bekommen so wieder eine Chance in der Stadt. An vielen Orten werden sogar Naturinseln geschaffen, zum Beispiel Trockenstandorte auf Verkehrsinseln. Da wachsen dann mitten in der Stadt Zürich Pflanzen, die ich sonst vor allem vom Wallis oder vom Bündnerland her kenne. Vielen Dank an die Stadtgärtnerei!
Die Zahl der Pflanzenarten ist in der Stadt etwa doppelt so hoch wie auf einer gleich grossen Fläche Kulturland. Beteiligt an der Rückkehr der Natur in die Stadt sind auch viele Gartenfreundinnen und Gartenfreunde. Auch im privaten Garten ist die Toleranz gegenüber von Wildkräutern gewachsen. Es wird nicht mehr einfach alles sofort eliminiert, was als “Gastkraut” im Garten auftaucht. Davon profitieren auch Schmetterlinge, Wildbienen, Vögel und andere Tiere.
Naturinseln
Allerdings nehmen viele Bewohnerinnen und Bewohner der Städte und Dörfer die vorhandenen Naturinseln gar nicht oder nur sehr am Rande wahr. Das hat wohl damit zu tun, dass man weit gehend nur das sieht, was man schon kennt. Heilkräuter-Exkursionen können hier zu einer reichhaltigeren Natur-Wahrnehmung beitragen, indem sie die Augen schärfen auch für die kleinen Wunder an der Hausecke, auf dem Vorplatz, am Strassenrand etc. Dadurch wird der Alltag an vielen Stellen farbiger, lebendiger und spannender. Auf meiner Website www.phytotherapie-seminare.ch finden Sie im “Kurskalender” jetzt erste Kurse aus dem Jahresprogramm 2009.
Es geht aber nicht nur um ein Wecken der eigenen Wahrnehmung. Wenn mehr Menschen ein Auge haben für die Naturinseln in der Stadt, dann stärkt das quasi auch die “Lobby” für die Stadtnatur. Und eine grössere Vielfalt an Pflanzen und Tieren in der Stadt wirkt sich wohl wieder positiv auf das Wohlbefinden der Menschen aus.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch