Nachtigallen-Damen gehen nachts auf Partnersuche. Wissenschaftler der Universität Bielefeld, der Universität Basel und des Netherlands Institute of Ecology haben entdeckt, dass paarungswillige Nachtigallenweibchen in den Stunden nach Mitternacht singende Männchen in deren Revier besuchen. Das erklärt, weshalb männliche Nachtigallen auch während der Nacht singen. Hingegen geht es beim Morgengesang der Männchen offenbar darum, das Revier gegen andere Männchen zu verteidigen. Die Studie wurde im März vom Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht.
Im Frühling singen die Männchen unserer Singvögel um die Wette. Nach Darwins Theorie der sexuellen Selektion dient der Vogelgesang entweder dazu, Weibchen anzulocken oder andere Männchen auf Distanz zu halten. Der Fokus der Forschung lag daher lange Zeit auf dem Gesangsverhalten der Männchen; über das Verhalten der Weibchen während ihrer Partnerwahl ist deshalb sehr wenig bekannt. Zwischen der Ankunft aus dem Winterquartier und dem Nestbau liegen bei einem Zugvogel wie der Nachtigall häufig nur wenige Tage. Verhaltensforscher konnten darum bisher meist nur feststellen, bei welchem Männchen ein Weibchen letztlich gelandet ist, ohne zu wissen, wann und wie das Weibchen seine Wahl getroffen hat.
Die Teams um Prof. Dr. Marc Naguib (Universität Bielefeld/Netherlands Institute of Ecology) und Dr. Valentin Amrhein (Universität Basel) hat nun das Verhalten weiblicher Nachtigallen während der Partnersuche untersucht. Kurz nach der Ankunft im Brutgebiet wurden zehn Weibchen in der Gegend von Colmar (F) gefangen und in die Petite Camargue Alsacienne transportiert, einem Naturschutzgebiet nördlich von Basel, in dem ein privater Schweizer Verein eine Forschungsstation unterhält.
Singen, bis das Weibchen kommt
Die Weibchen wurden mit einem Radiotelemetrie-Sender ausgerüstet und zwei Tage und Nächte beobachtet. Tagsüber blieben die Nachtigallendamen an Ort und Stelle. Zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens legten sie aber bis zu sechs Kilometer zurück. Vier Wissenschaftler waren nachts damit beschäftigt, je ein herumfliegendes Weibchen mit Hilfe von Fahrrädern und tragbaren Telemetrie-Antennen zu verfolgen. Die Weibchen besuchten während ihrer nächtlichen Ausflüge mehrere singende Männchen und verpaarten sich nach ein bis drei Nächten mit einem der besuchten Herren.
Das Verhalten der Weibchen kann erklären, weshalb männliche Nachtigallen nicht nur tagsüber, sondern auch nachts singen. Aus früheren Studien der Wissenschaftler war bekannt, das nur unverpaarte Männchen nachts singen und direkt nach der Verpaarung damit aufhören. Das war ein erster Hinweis darauf, dass der berühmte Nachtgesang der Nachtigall der Anlockung von Weibchen dient, was jetzt durch das Wahlverhalten der Weibchen bestätigt wurde.
In einer früheren Untersuchung der Forscher wurden auch männliche Nachtigallen mittels Radiotelemetrie bei der Reviersuche beobachtet. Im Gegensatz zu den Weibchen blieben die Männchen nachts stationär und machten nur in der Stunde vor Sonnenaufgang Erkundungsflüge. Das erklärt, weshalb genau wie bei anderen Singvogelarten männliche Nachtigallen morgens am meisten singen, egal ob sie verpaart oder unverpaart sind. Während nachts um die Weibchen gesungen wird, dient der Morgengesang der Nachtigall offenbar dazu, das Revier gegen reviersuchende Männchen zu behaupten. Das ist der erste bekannte Fall einer Vogelart, bei welcher die Partnersuche der Weibchen und die Revierwahl der Männchen zu unterschiedlichen Tageszeiten stattfindet.
Quelle: http://idw-online.de/pages/de/news305782
Originalbeitrag:
Tobias Roth, Philipp Sprau, Rouven Schmidt, Marc Naguib and Valentin Amrhein,
„Sex-specific timing of mate searching and territory prospecting in the nightingale: nocturnal life of females“ in: Proceedings of the Royal Society B, published online before print March 4, 2009, | doi:10.1098/rspb.2008.1726
Kommentar: Geheimnisse des Nachtigallen-Gesangs geklärt
Nachtigall-Gesang kann man nicht gerade in jedem Garten und an jeder Strassenecke hören. Man muss schon wissen, wo man die talentierten Sänger antrifft. Die “ Petite Camargue Alsacienne” in der Nähe von Basel ist einer dieser Orte. Auf meinen Kräuterwanderungen können Sie Nachtigall-Gesang am ehesten an den Wochenend-Kursen in Jeizinen hören. Aber auch auf allen anderen Heilkräuter-Exkursionen achten wir auf Vogelstimmen, so dass Sie ganz nebenbei vielleicht die eine oder andere Stimme lernen können, falls es Sie interessiert. Jedenfalls scheint es mir sinnvoll, auf Heilkräuter-Exkursionen auch ein wenig die Ohren offen zu halten für die verschiedenen Gesangskünstler, auch wenn es vielleicht nicht gerade eine Nachtigall ist.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde / Feldornithologe ZVS
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
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