Die Anliegen der Grünen sind mir grundsätzlich sehr nahe, auch wenn ich ihre konkreten Vorschläge nicht immer teile.

In der Auseinandersetzung um die Verhaftung des Regisseurs Roman Polanski irritieren mich aber die Stellungnahmen von Exponenten der Grünen Partei (GPS).

Präsident Ueli Leuenberger findet die Verhaftung völlig unverständlich.

Wie bitte? Es geht um Gefügigmachen einer 13jährigen mittels Alkohol und Drogen und um sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen. Was ist da unverständlich an einer Verhaftung, Herr Leuenberger? Dass ein prominenter Künstler verhaftet wird? Dass die Verhaftung bei der Anreise zu einem Filmfestival erfolgt?

Und der grüne Nationalrat Daniel Fischer findet, die Behörden hätten Roman Polanski vor einer Verhaftung warnen sollen.
Auf den Hinweis des Interviewers David Vonplon, Bundesrätin Widmer-Schlumpf habe betont, dass Polanski nicht auf eine andere Behandlung wegen seiner Bekanntheit hoffen durfte, sagt Daniel Vischer:

“Das Argument der Rechtsgleichheit zieht nicht. Polanski wurde ja seine Berühmtheit gerade zum Verhängnis. Denn sonst hätten die Behörden nicht gewusst, dass er in die Schweiz kommt. Einen unbekannten Amerikaner, dem die selben, Jahrzehnte zurückliegenden Delikte vorgeworfen werden, hätte die Schweiz aller Wahrscheinlichkeit nach laufen lassen.”
(www.derbund.ch, 28. 9. 2009)

Wenn ich das richtig verstehe, meint Daniel Vischer damit:

Weil Polanski so bekannt ist, hat er ein grösseres Risiko erwischt zu werden. Um diese Ungerechtigkeit auszugleichen, müssen die Behörden ihn vor einer Verhaftung warnen, damit die Rechtsgleichheit gewahrt bleibt.

Diese Argumentation scheint mir völlig absurd. Lernt man solch sophistischen Spiegelfechtereien als Anwalt?

Ich bin nicht Jurist. Mein banales Verständnis von Rechtsgleichheit besteht darin, dass ein juristischer Akt, zum Beispiel die Ausführung eines internationalen Haftbefehls, unabhängig davon vollzogen wird, ob der Gesuchte Polanski oder Müller heisst. Den Prominentenstatus darf man hier gerade nicht hineinverwursten.
Vischer sagt doch eigentlich: Prominente sind diskriminiert und müssen deshalb (juristisch) geschont werden.

Die lange Zeitdauer, während der Polanski auf freiem Fuss geblieben ist, deutet eher auf einen Promi-Bonus. Mein Mitgefühl betreffen Diskriminierung durch Bekanntheit hält sich sehr in Grenzen.

Und wie kommt Daniel Vischer auf die Behauptung, dass die Schweiz einen unbekannten Amerikaner, dem die selben Delikte vorgeworfen werden, aller Wahrscheinlichkeit nach laufen gelassen hätte?

Auch wenn ein gültiger Haftbefehl vorliegen würde und die Ankunftszeit am Flughafen bekannt wäre?
Falls Nationalrat Vischer konkrete Indizien oder Belege für ein solch skandalöses Verhalten der Behörden hat, müsste er das meines Erachtens zur Anzeige bringen. Nur Verdächtigungen in den Raum stellen, ist nicht akzeptabel.

“Global solidarisch”, lautet ein Slogan der Grünen Partei (GPS). Diese Art von blinder Solidarität mit einem Promi kann damit aber wohl nicht gemeint sein.

Mich würde interessieren, was die Frauen in der GPS zu den Statements von Ueli Leuenberger und Daniel Vischer sagen.

Am überzeugendsten äusserte sich meines Erachtens übrigens kurz nach dem Bekanntwerden der Verhaftung SP-Präsident Christian Levrat: Er mochte den Vorfall nicht kommentieren. Es handle sich um eine Angelegenheit der Justiz, und er kenne die Ausgangslage nicht. Das scheint mir klug. Den Mund halten statt sofort drauf-los-lavern – wenn man sich noch gar keine fundierte Meinung bilden konnte – das verschafft Zeit für seriöse Informationsbeschaffung und Reflexion.

Ich teile die immer wieder mal hochschwappende populistische Schelte an die Adresse von Kulturschaffenden und an eine sogenannte “Classe politique” gar nicht.
Aber wenn nun ein Teil der Bevölkerung sehr verärgert reagiert auf vollkommen unbedachte Forderungen von Kulturschaffenden und Politikern nach Begünstigung eines Prominenten, dann ist dies meines Erachtens sehr berechtigt und zeugt von einem gesunden Rechtsempfinden.

Siehe auch:
Haarsträubende Kommentare zur Verhaftung von Roman Polanski

Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen.


 

Inserat:

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse

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Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital

Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch

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