Die Journalistin Michèle Binswanger stellte vor kurzem in ihrem Blog ein paar interessante Fragen:
„Was hat es eigentlich mit diesem weiblichen Hang zu Alternativmedizin und in der Folge oft auch zu Übersinnlichem und Unerklärbarem auf sich? Warum landen eigentlich gerade so viele Frauen irgendwann in den Gefilden des Unerklärlichen und Magischen, warum glauben so viel mehr Frauen ans Geistheilen, an Lichtnahrung und Handauflegen?“
Quelle:
http://blog.tagesanzeiger.ch/blogmag/index.php/8043/frauen-in-der-sektenfalle/
Rund drei Viertel der Mitglieder der meisten Sekten seien Frauen, schreibt Michèle Binswanger in der Einleitung zu ihren Text, während die Sektenführer in fast allen Fällen männlichen Geschlechts seien.
Das stimmt wohl, Mit Uriella gab es aber immerhin ein „leuchtendes“ Beispiel für eine erfolgreiche Karriere als Sektenführerin.
Ausgangspunkt für Michèle Binswanger’s Text sind die Berichte über die Schiesserei bei der deutsch-schweizerischen Sekte Academy for Future Health, die sich in der Karibik angesiedelt hat.
Deren Guru Peter Brunck soll eine krude alternativmedizinische und esoterische Heilslehre predigen und seine Mitglieder mit dem Versprechen totaler spiritueller Befreiung und Heilung rekrutieren. Seinen Anhängerinnen versprach er offenbar erfolgreich, dass sie von seinen hochfrequenten Schwingungen profitieren, wenn sie Sex mit ihm haben…….
Ich werde mich hüten, alle Frauen in einen Topf zu werfen oder gar zu behaupten, Frauen seien von Natur aus leichtgläubiger.
Auffallend ist es jedoch schon, dass die Alternativmedizin- und Esoterikbranche ihre exorbitanten Umsätze – Esoterik in Deutschland 2010 laut Allbus 20 Milliarden Euro – offenbar überwiegend mit Frauen machen.
Da stellt sich schon die Frage, weshalb diese obsessive Heilssucht offenbar mehrheitlich Frauen „befällt“.
Wer darauf nur als Antwort hat, Frauen seinen halt (von Natur aus?) offener, suchender, spiritueller….gerät erstes wiederum in die Nähe einer biologistischen Erklärung und verharmlost zweitens das Phänomen.
Mich beunruhigt die absolute Leichtigkeit, mit der man Esoterikerinnen und Esoterikern buchstäblich jeden Schwachsinn andrehen kann. Man muss bei ihnen nur ein paar gut bekannte „Knöpfe“ drücken. Es ist vollkommen klar, wie ein Kursprospekt grafisch gestaltet werden muss, damit sich ihre Herzen und Geldbeutel öffnen. Auf den Text kommt es dann gar nicht mehr so stark an. Idealerweise enthält er noch ein paar „Trigger-Wörter“ wie „Heilenergie“, „Ganzheitlichkeit“, „Höheres Selbst“, „Wesen der Pflanzen“ oder „Quantenschwingungen“ – und schon sind die „Esos“ hin und weg.
Dass Frauen auf solch inhaltsleeres Geschwurbel offenbar mehr hereinfallen, kann ich mir nur mit gesellschaftlichen Einflüssen erklären (Sozialisation? Lebensperspektiven? Empfundenes Sinndefizit?…?). Was aber nicht heisst, dass man solche Einflüsse nicht auch reflektieren und sich von ihnen lösen könnte.
Ein Teil der Esoterikkonsumierenden bewegt sich damit in einem Bereich zwischen Unterhaltung und Wellness und nimmt die damit verbundenen Geschichten nicht allzu ernst.
Sättigend sind die Produkte aber anscheinend nicht gerade – so dass einem immer mal was Neues „zufallen“ muss und der Konsum endlos am Laufen bleibt.
Ein anderer und nicht zu übersehender Teil der „Esos“ aber gerät in einen Weltverlust und in Verstrickungen, die durchaus problematisch sein können – nicht zuletzt aus gesellschaftlicher Sicht.
„Die Zeit“ hat es vor kurzem auf den Punkt gebracht in einem Artikel mit dem Titel „Die Renaissance der Unvernunft – Sehnsucht nach dem Selbst“:
„Ist Unvernunft nicht Privatsache? Massenhafte Unvernunft ist jedenfalls ein Politikum. Wenn all unser Denken nur noch um uns selber kreist, wenn das individuelle Wohlergehen zur höchsten Vernunft wird, verabschieden wir uns von der Verantwortung füreinander – und von der Nächstenliebe auch. Was übrig bleibt, ist ein Klub von Autisten, eine Gesellschaft mehr oder minder verrückter Egos.“
Quelle:
http://www.zeit.de/2013/21/esoterik-vernunft-verteidigung
P. S.:
Naturheilkunde lässt sich auch nutzen ohne fragwürdiges esoterisches Beigemüse – ziemlich „bodenständig“, mit Freude an der Natur und Respekt gegenüber den Menschen.
Siehe auch:
Esoterikfreie Pflanzenheilkunde – warum?
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch