Kava-Kava (Rauschpfeffer) ist ein Strauch, der hauptsächlich auf Inseln des südlichen Pazifiks vorkommt und dessen Wurzelstock dort traditionell als wässriger Aufguss eingenommen wird. Kava-Kava-haltige Arzneimittel waren in Kapsel-, Tabletten- oder Tropfenform zur Behandlung von nervösen Angst-, Spannungs- und Unruhezuständen auf dem Markt.
Aufgrund von Verdachtsfällen auf Leberschädigung in der Schweiz hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Stufenplanverfahren eingeleitet und 2002 ein Ruhen der Zulassung angeordnet. Nachdem das BfArM und die Hersteller sich nicht darauf einigen konnten, welche Studien vorgelegt werden müssen, wurde die Zulassung im Dezember 2007 widerrufen. Ausgenommen von diesem Entscheid waren homöopathische Zubereitungen mit einer Endkonzentration ab D5 und Arzneimittel, die nach der spagyrischen Verfahrenstechnik nach Zimpel hergestellt werden. Sie enthalten keine Wirkstoffe in relevanter Konzentration, so dass auch keine Risiken erwartet werden.
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) hat nun das Urteil der Vorinstanz (VG im Mai 2014) bestätigt: Das BfArM habe die Zulassungen zu Unrecht widerrufen. Bevor es ein Comeback des Kava-Kava-Extrakts geben kann, muss sich allerdings womöglich noch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit dem Fall beschäftigen.
Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung seien nicht erfüllt, so die Richter des OVG: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei nicht ungünstig, wenn bestimmte Änderungen in den Zulassungen vorgenommen würden, um die Risiken bestmöglich einzudämmen, stellen sie fest.
Die Kava-Arzneimittel hätten eine therapeutische Wirksamkeit und für ihren Nutzen spreche auch, dass es sich bei Angststörungen um eine ernsthafte, weitverbreitete und behandlungsbedürftige psychische Erkrankung handele.
Zwar gebe es Anwendungsrisiken in Form hepatotoxischer Ereignisse. Die Zahl der gemeldeten Fälle sei jedoch im Verhältnis zum Anwendungsvolumen der Arzneimittel gering und das Ursache-Wirkungs-Verhältnis vielfach fraglich.
Entscheidend sei, dass die lebertoxischen Risiken bei Beachtung bestimmter Maßnahmen auf ein vertretbares Maß vermindert werden könnten, erklären die Richter. Hierzu gehören die seit 2002 bestehende Verschreibungspflicht, die Begrenzung der maximalen Tagesdosis und der Anwendungsdauer, die regelmäßige Bestimmung der Leberwerte und die Vermeidung von Alkohol und von bestimmten begleitenden Medikamenten wie vor allem Betablocker, Antidepressiva und Migränemittel.
Quellen:
Kommentar & Ergänzung:
Keine Frage: Auch bei Heilpflanzen ist das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen zu beachten. Dass beim Widerruf der Zulassung von Kava-Kava-Präparaten die Abwägung von Nutzen und Risiken fragwürdig vonstatten gegangen ist, bestätigt nun auch das Oberverwaltungsgericht.
Wenn während einer Behandlung mit Kava-Kava eine Leberstörung auftritt, ist noch nicht klar, dass Kava-Kava für diese unerwünschte Nebenwirkung auf verantwortlich ist.
Wenn 100 000 Menschen ein synthetisches oder pflanzliches Medikament X nehmen, dann wird ein gewisser Prozentsatz dieser Menschen innert eines Jahres eine Lebererkrankung bekommen, einfach deshalb, weil von 100 000 Menschen innert eines Jahres dieser Prozentsatz eine Lebererkrankung bekommt. Es besteht nun aber ein durchaus reales Risiko, dass ungerechtfertigterweise das Medikament für die Lebererkrankung verantwortlich gemacht wird. Das Zusammentreffen (die Korrelation) der Medikamenteneinnahme und der Lebererkrankung ist in diesem Fall zufällig, nicht kausal in dem Sinne, dass das Medikament die Ursache der Lebererkrankung ist.
Wird Korrelation irrtümlich als Kausalität eingestuft, haben wir es mit einem Post-hoc-ergo-propter-hoc-Fehlschluss zu tun, und den zu verstehen und zu vermeiden kann ziemlich wichtig sein Leben.
Siehe dazu:
Komplementärmedizin: Der Post-hoc-ergo-propter-hoc-Fehlschluss
Zum Vorentscheid des Verwaltungsgerichts Köln und zu einem ausführlicheren Kommentar von mir geht es hier:
Kava-Kava: Verwaltungsgericht Köln beurteilt Widerruf der Zulassung als rechtswidrig
Ausserdem:
Studie stellt Beurteilung der Lebertoxizität von Pflanzenextrakten in Frage
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterwanderungen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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