Dem sogenannten Superfood werden allerlei positive Wirkungen nachgesagt – jünger, schöner, fitter und gesünder soll er uns machen.
Wissenschaftliche Studie, die das belegen könnten, existieren allerdings nicht. Und es gibt einheimische Lebensmittel, die mindestens gleichwertig sind.
Goji-Beeren aus China, Chia-Samen aus Mexico oder Açaí-Beeren aus Brasilien sind zwar durchaus gesund. Das trifft jedoch auch für einheimische Lebensmittel zu. Der Ernährungswissenschaftler Jürgen König von der Universität Wien sagt, dass wir zu all diesen sogenannten Superfoods zumindest eine europäische Alternative haben.
Den hohen Vitamin-C-Gehalt der Acaí-Beeren finde man auch im einheimischen Sanddorn. Auch die Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffe, die in den Chia-Samen stecken, seien keine exotische Besonderheit: „Die besonderen Dinge, die im Chia drin sind, finden wir genauso in unserem traditionellen Leinsamen. Nur der ist halt aus der Mode gekommen.“
Was die Goji-Beeren für europäische Konsumenten besonders attraktiv mache, sei der Gehalt an Flavonoiden. Diese sekundären Pflanzenstoffe sollen antioxidative und damit verjüngende Wirkungen haben, indem sie freien Radikalen entgegenwirken. Die Flavonoide finde man jedoch nicht nur in chinesischen Gojis, sondern in gleicher Konzentration auch in den einheimischen Heidelbeeren. Hinzu komme, dass die positive Wirkung dieser Pflanzenstoffe durch keine Studie belegt werden konnte.
Der Absatz der exotischen Superfoods steigt allen Widersprüchen zum Trotz in Europa laufend an.
Auch wenn zu gesundheitssteigernden Wirkungen dieser Lebensmittel keine wissenschaftliche Evidenz vorliegt und die Produzenten infolgedessen damit auch nicht werben dürfen, verbreiten sich die zugehörigen Mythen rasch unter interessierten Konsumenten.
Superfood zu kaufen liegt eindeutig im Trend: Seit 2012 hat sich zum Beispiel die Einfuhr von Chia-Samen aus Südamerika fast verfünffacht.
Der Ausdruck „Superfood“ ist zwar relativ neu, die Versprechungen, die mit solchen vermeintlich superpotenten Lebensmitteln verbunden werden, sind es aber nicht. Ob Quinoa (die glutenfreie „Andenhirse“), Papaya oder Avocado – auch diesen Nahrungsmitteln wurden bei der Markteinführung in Europa regelrechte Superkräfte zugeschrieben.
Das sei einfach die Hoffnung der Menschen, neue Lebensmittel mit besonderen Erwartungen zu verbinden, erklärt Jürgen König dazu. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht hat er nichts gegen das exotische Superfood einzuwenden. Wer sich Abwechslung auf dem Speiseplan wünsche, könne Goji, Chia und Co. bedenkenlos konsumieren.
Ernährungsphysiologisch notwendig sei das aber nicht.
Was die Beeren und Samen aus Übersee jedoch miteinander verbindet, sind die langen Transportwege. Denn diese Produkte kommen beinahe vollständig aus Asien und Südamerika. Bezüglich ökologischem Fußabdruck schneiden diese Nahrungsmittel also schlechter ab als etwa lokale Bioprodukte.
Quelle:
http://science.orf.at/stories/1765614/
Kommentar & Ergänzung:
Zu den Leinsamen wäre noch zu ergänzen, dass man sie schroten muss, damit die wertvollen Inhaltsstoffe verdaut und aufgenommen werden können.
Gegen Verstopfung funktioniert der Leinsamen aber auch ungeschrotet. Die Schleimstoffe sitzen in den Randschichten und kommen auch aus den ganzen Leinsamen heraus.
Siehe dazu auch:
Chia-Samen sind gesund und teuer – aber Leinsamen sind ebenso gesund und billiger
Heidelbeeren: Anthocyane im Verdauungstrakt
Açaí, Goji und Maqui – die neuen Wunderbeeren?
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