Verlagsbeschreibung:
Spätestens seit der Wahl von Donald Trump wissen wir: Unsere liberale Demokratie ist in Gefahr. Ernsthaft. Wir haben keinerlei Garantie, dass autoritäre Kräfte nicht auch bei uns die Oberhand gewinnen. Was also tun im so entscheidenden Wahljahr 2017 – und darüber hinaus? Wie können wir die Substanz unserer Demokratie verteidigen gegen die immer lauter und dreister werdenden Verächter – auch jenseits der Wahlkabine? Wie andere ermutigen, mitzumachen? Der Journalist und Philosoph Jürgen Wiebicke gibt uns zehn griffige Regeln an die Hand, mit deren Hilfe jeder von uns jederzeit anfangen kann. Vor der eigenen Haustür. Im Alltag. Denn – und daran müssen wir uns wieder erinnern: Die Demokratie ist mehr als eine Regierungsform, sie ist eine Lebensform, die wir immer wieder aufs Neue beleben und verteidigen müssen. Wir bei KiWi finden: Es ist Zeit für einen neuen Leitfaden! Einen Leitfaden für Demokratie-Retter! Bestellen bei Buchhaus.ch: Zum Shop
Zum Autor Jürgen Wiebicke:
Jürgen Wiebicke, geboren 1962, studierte in Köln Philosophie und Germanistik. Im Anschluss daran volontierte er beim Sender Freies Berlin und war dort Redaktionsleiter. Seit 1997 arbeitet er als freier Journalist, vor allem für den Hörfunk. Bei WDR 5 moderiert er jeden Freitagabend „Das philosophische Radio“, die einzige interaktive Philosophie-Sendung im deutschsprachigen Hörfunk. 2012 gewann er den Medienethik-Preis META der Hochschule für Medien Stuttgart. Er schreibt regelmäßig für das seit Ende 2011 erscheinende Philosophie Magazin und gehört zu den Programm-Machern des internationalen Philosophie-Festivals „phil.Cologne“.
Kommentar von Martin Koradi:
Demokratie ist nicht mehr selbstverständlich, wie es in Europa über Jahrzehnte den Anschein machte. Wir müssen uns daher mehr über dieses Thema Gedanken machen, als wir uns das vielleicht gewohnt sind. Jürgen Wiebicke gibt dazu eine gute Anleitung. Er schreibt gut verständlich, anregend und differenziert.
Welche Regeln empfiehlt Jürgen Wiebicke?
Hier die Liste:
Liebe deine Stadt
Mach Dir die Welt zum Dorf
Bleibe gelassen im Umgang mit Demokratie-Verächtern
Fürchte dich nicht vor rechten Schein-Riesen
Verliere nicht den Kontakt zu Menschen, die nicht deiner Meinung sind
Packe Probleme nicht in Watte
Verabschiede dich von der Attitüde, eigentlich gegen diese Gesellschaft zu sein
Warte nicht auf den grossen Wurf
Wehre dich, wenn von „den“ Politikern die Rede ist
Verbinde Gelassenheit mit Leidenschaft
Wiebicke erläutert die einzelnen Punkte in den Kapiteln natürlich genauer.
Interesssant für mich ist beispielsweise ein Abschnitt, in dem Jürgen Wiebicke „schwaches Denken“ als Gegenmittel gegen Fanatismus empfiehlt. Hier als Zitat ein paar Bruchstücke daraus:
„Wie kann ich denn ein politischer Mensch werden, wenn ich doch so wenig starke Überzeugungen habe?…….Die Welt des Politischen ist vielen so fremd, weil sie denen zu gehören scheint, die unerschütterliche Gesinnungen haben und diese machtvoll durchsetzen wollen, den meistern der Vereinfachung und Zuspitzung. Denen, die auch die guten Ideen ihrer politischen Gegner ungeprüft verwerfen……
Die Antwort auf Populismus darf nicht ihrerseits populistisch sein, folglich wird es die gewünschte einfache Erzählung für uns Demokratie-Retter vermutlich nicht geben. Aber warum nicht aus der Not eine Tugend machen und gerade unsere gebrochenen Gesinnungen als Chance begreifen? Wir sollten uns im „schwachen Denken“ üben. Das ist ein Begriff des italienischen Philosophen Gianni Vattimo, der anfangs vielleicht merkwürdig klingt. Vattimo wollte mit ihm die Konsequenz daraus ziehen, dass die Zeit der grossen Erzählungen vorbei ist………
Das starke Denken gehört der Vergangenheit an. Wer will heute noch freiwillig Kommunist sein und vom neuen Menschen träumen? Die starken Denker von heute, die Identitären und die Islamisten, sind ja gerade das Problem! Wer sein eigenes Denken als schwach begreift, weiss um die Vorläufigkeit der eigenen Position, ist bereit, den eigenen Standpunkt zu räumen, wenn sich eine andere Meinung als die tragfähigere herausgestellt hat. Zum schwachen Denken gehört bei Vattimo immer auch die Ironie, die werden wir als Haltung nicht mehr los. Und sie ist allemal sympathischer als der Fanatismus. Sie gibt uns die Kraft, uns nicht so wichtig zu nehmen. Die anderen natürlich auch nicht. Schwaches Denken sollte die gemeinsame Basis für intelligentes Problemlösen in der Demokratie von morgen sein, in der Partizipation ganz sicher eine grössere Rolle spielen wird….
Wer sich im schwachen Denken übt, weiss auch um die eigene Verführbarkeit. Dass wir geneigt sind, immerzu Bestätigungen für die eigene Überzeugung zu suchen. Ständig verlangen wir nach Futter für die eigenen Voruteile. Weniges ist so schwer wie das Ändern der eigenen Meinung…..
Schwaches Denken heisst auch, dass ich um meine Manipulierbarkeit weiss und daher immer bestrebt bin, die eigene Blase zu verlassen. Dass ich meine Skepsis nicht verliere, wenn mich Nachrichten von gleichgesinnten erreichen, dass ich meine Neugierde auf das nicht verliere, was meinem Denken widerspricht. Die Demokratie hätte sich miemals entwickeln können ohne eine funktionierende Öffentlichkeit, in der debattiert und zivilisieert gestritten wird. Diese Öffentlichkeit ist zuzeit in ihrer Existenz bedroht. Durch Verrohung im Netz, durch diffamierende Lügenpresse-Vorwürfe, durch massenhaften Rückzug in die eigene Blase.“
Das kleine Buch lohnt sich.
Ausserdem:
Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde am Seminar für Integrative Phytotherapie in Winterthur (Schweiz) und Leiter von Kräuterwanderungen und Kräuterkursen.
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