Jürgen Roth beschreibt in seinem Buch „Die Neuen Paten“ autoritäre Politiker, die mit Methoden und Zielen, welche fatal an Mafia-Strategien erinnern, in ihren Ländern eine neue politische Ordnung installieren.
Zitat:
„Wladimir Putin in Russland, Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei, Viktor Orbán in Ungarn und Donald Trump in den USA haben das, was die Familienkartelle der Mafien erfolgreich umgesetzt haben, entweder gänzlich zur offiziellen Regierungspolitik erklärt oder sind, wie beim US-Präsidenten Trump erkennbar ist, auf dem besten Weg dorthin. Stephen Bannon, der langjährige Chefberater und ideologische Chefstratege Donald Trumps, brachte es im Februar 2017 auf den Punkt: «Wir erleben die Geburt einer neuen politischen Ordnung.»“
Jürgen Roth fasst die Grundsätze der „Neuen Paten“ so zusammen:
„Neun Thesen über die Neuen Paten
Die Neuen Paten haben das klassische Mafiasystem als Regierungssystem übernommen und durch die Mafiamethoden den gesamten Regierungsapparat gekapert. Sie benutzen die Sicherheits- und Regierungsbehörden, insbesondere die Nachrichtendienste, als strategisches Instrument der Machtsicherung.
Die Neuen Paten setzen gegen ihre Gegner rigide Disziplinierungsmassnahmen durch, bedrohen sie mit Strafverfolgung, Steuerprüfungen, Enteignungen, Überwachung und Gewaltanwendung.
Die Neuen Paten verteidigen den kriminellen Raubtierkapitalismus mit allen Mitteln, zum einen, um sich, ihre Familienangehörigen und loyalen Helfershelfer zu bereichern, zum anderen, um ihre Macht zu zementieren.
Die Neuen Paten haben den Staatsapparat nicht nur übernommen, vielmehr sind sie die Capo dei Capi des Staatsapparats geworden. Damit ihre Politik von der Gesellschaft akzeptiert wird, bedienen sie sich einer rassistischen, nationalistischen und autoritären Ideologie. Daher sind auch die Neuen Paten, wie die italienischen Mafien, eng mit rechtsextremen Bewegungen und Parteien verbunden.
Beide Systeme, das der klassischen Mafien und das der Neuen Paten, regieren mit der Angst ihrer Untertanen und sind zutiefst undemokratisch. Beide zeichnen sich durch ein ihrem Wesen nach elitäres, antidemokratisches und dem Gleichheitsgrundsatz widersprechendes Grundmuster aus.
Wie die klassischen Capo dei Capi benötigen auch die Neuen Paten zwangsläufig Menschen, die sich ihrem Willen bedingungslos unterwerfen, aus Angst oder aufgrund von Abhängigkeit.
Die Neuen Paten beenden sowohl die bisherige, anarchistisch organisierte Korruption als auch die Aktivitäten diverser krimineller Organisationen. Sie ersetzen sie durch einen zentralisierten, weitgehend legalisierten Tribut, der an die Neuen Paten zu entrichten ist.
Die Neuen Paten waren auf unterschiedliche Art und Weise mit kriminellen Organisationen verbunden beziehungsweise sind es nach wie vor. Sie gewähren diesen traditionellen kriminellen Organisationen solange Schutz, wie letztere die Herrschaft der Neuen Paten bedingungslos akzeptieren und ihnen zu Diensten sind.
Die Neuen Paten verschanzen sich hinter ihrer eigenen Wahrheit, die nicht angezweifelt werden darf. In ihrem Kosmos sorgen sie dafür, dass ihre Wahrheit von der Mehrheitsgesellschaft als die alleinige Wahrheit kritiklos übernommen wird. Wer ihr widerspricht, wird gnadenlos als Feind bekämpft.“
Quelle:
Die Neuen Paten, von Jürgen Roth, Heyne Verlag 2017
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Kommentar & Ergänzung:
Jürgen Roth beschreibt mit den „Neuen Paten“ ein sehr aktuelles und besorgniserregendes Phänomen. Seine neun Thesen sind nachvollziehbar.
Es ist an der Zeit, die liberale Demokratie und den Rechtsstaat zu stärken und zu verteidigen.
Das heisst:
- Sich informieren und vernetzen.
- Institutionen und Organisationen unterstützen, die Demokratie und Rechtsstaat stärken.
Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen.