Lesen Sie hier, warum Liberale, Linke und Konservative sich intensiver mit der Rhetorik von Rechtspopulisten und Rechtsextremen befassen sollten.
Verlagsbeschreibung
Rechtspopulistische Rhetorik ist darauf angelegt, extreme Positionen zu verschleiern. Pausenlos betonen RechtspopulistInnen die Vereinbarkeit ihrer Ideen mit jenen der liberalen Mitte und machen sich Werte wie die Meinungsvielfalt zunutze. Auch das Schüren von Ängsten und Kulturkonflikten sind zentrale Strategien ihrer Rhetorik. Nicht zuletzt werden demokratische Errungenschaften wie Antidiskriminierung, Gleichstellung oder sogar Menschenrechte gezielt abgewertet und als angeblicher Minderheitenterror verteufelt. Franziska Schutzbach zeigt, wie RechtspopulistInnen rhetorisch vorgehen, welche stilistischen und inhaltlichen Mittel sie anwenden und dass rechtspopulistische Rhetorik nicht mehr nur von Rechten benutzt wird. Basierend auf aktueller Forschung gibt sie einen differenzierten und verständlichen Einblick in rechtspopulistische Diskursstrategien und liefert mögliche Gegenstrategien. Bestellen bei Buchhaus.ch: Zum Shop
Zur Autorin Franziska Schutzbach
Franziska Schutzbach, geboren 1978, ist Geschlechterforscherin und Soziologin, sie lehrt und forscht an verschiedenen Universitäten. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Antifeminismus, Anti-Gender- und Anti-Gleichstellungs-Diskurse in Zusammenhang mit Rechtspopulismus. Ihre Dissertation hat sie zum Thema Politiken der Generativität: Reproduktive Gesundheit, Bevölkerung und Geschlecht. Das Beispiel der Weltgesundheitsorganisation verfasst. Sie ist zudem Bloggerin und freie Publizistin. Soeben ist, gemeinsam mit Fork Burke und Myriam Diarra, das Buch Die Geschichte Schwarzer Frauen in Biel erschienen. Mit anderen AkademikerInnen gibt sie das Online-Magazin «Geschichte der Gegenwart» heraus. Sie ist im Vorstand von Terre des Femmes Schweiz, in der Gleichstellungskommission Basel-Stadt und veranstaltet den Feministischen Salon in Zürich und Basel.
Kommentar von Martin Koradi
Liberale, Linke und Konservative sollten sich meines Erachtens intensiver mit der Rhetorik von Rechtspopulisten und Rechtsextremen befassen. Sie tappen da nämlich ziemlich oft in die Falle, zum Beispiel wenn sie darauf bauen, die Rhetorik der Rechten mit Argumenten zu widerlegen. Das funktioniert leider nur beschränkt und das ist auch ein wichtiger Punkt im Buch von Franziska Schutzbach.
Zitat:
„Die AfD gewinnt ihre Sympathien nicht, weil niemand bessere Argumente formuliert hätte; sie gewinnt, obwohl bessere Argumente schon lange allgegenwärtig sind. Der Politikwissenschaftler Floris Biskamp zeigt auf, dass die argumentative Entkräftung häufig versucht wurde. Doch obwohl zig Bücher, Artikel und Tutorials darüber existieren, wie man RechtspopulistInnen argumentativ entkräften kann, und obwohl derartige Entkräftungen im Rahmen von Fact Checks auch regelmässig Teil des öffentlichen Diskurses sind, zog die AfD zweistellig in den Bundestag ein.
Die laufende Einbeziehung rechtspopulistischer WortführerInnen in die Debatten bewirkt, dass diese (mit)bestimmen können, über welche Themen gesprochen wird. Natürlich wählen sie dann die Themen aus, bei denen sie am besten Ressentiments verbreiten können, etwa Migration, Islam, Gleichstellung, Feminismus – selten aber Wohnungsnot, Pflegenotstand oder Renten. Bei ihrer Themenwahl können sich RechtspopulistInnen darauf verlassen, dass viele ZuhörerInnen für die Mobilisierung von Affekten empfänglicher sind als für rationale Argumente. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Menschen, die zum Beispiel rassistische Ressentiments hegen, dies nicht tun, weil die Gegenargumente nicht verfügbar wären oder nicht oft genug öffentlich präsentiert würden. Sie tun es, weil sie so denken und fühlen wollen…….
RechtspopulistInnen können sich darauf verlassen, dass die dialogisch orientierte Gesellschaft daran festhält, sie argumentativ entkräften zu können, und daran glaubt, dass das Verbreiten von rationalen Argumenten dem Verbreiten von Ressentiments überlegen sei. Und zwar auch dann noch, wenn der rechtspopulistische Erfolg immer deutlicher zeigt, dass rationale Argumente offensichtlich kaum greifen.“
Nur schon dieser Punkt zeigt, wie wichtig es für Liberale, Linke und Konservative ist, sich ernsthaft mit der Rhetorik der Rechtspopulisten und Rechtsextremen zu befassen.
Franziska Schutzbach geht auch auf die spezielle Situation in der Schweiz ein, wo mit der SVP eine rechtspopulistische Partei seit Jahren eine Doppelrolle als Oppositions- und Regierungspartei einnimmt.
Besonders angesprochen hat mich aber ein Appell, den die Autorin an linke, liberale, grüne, revolutionäre und feministische Menschen richtet. Weil die real existierende Gesellschaft mehr oder weniger stark hinter den Idealen dieser Menschen zurückbleibt, bleiben sie manchmal auf einer misstrauischen Distanz zu den demokratischen Institutionen. Franziska Schutzbach betont zwar, dass Systemkritik, radikales Denken und Utopien nach wie vor notwendig sind. Sie weist aber auch darauf hin, dass Parlamente und die demokratischen Prozesse, für die sie stehen, wichtige Orte institutioneller Widerstandsfähigkeit gegen autoritäre Verhältnisse sind. Dasselbe gelte für die Gerichte und für die an rechtsstaatliche Normen gebundenen Verwaltungsapparate des modernen Staates.
Schutzbach fordert deshalb dazu auf, sich an den demokratischen Prozessen zu beteiligen und die demokratischen Institutionen zu schützen.
Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde am Seminar für Integrative Phytotherapie in Winterthur (Schweiz) und Leiter von Kräuterwanderungen und Kräuterkursen.