Der Fernsehsender „Arte“ strahlte gestern den Dokumentationsfilm „Jesus Camp“ (2006) aus. Der Film zeigt ein evangelikales Sommerlager in Amerika. Dabei wird aufgezeigt, wie die evangelikale Kirche in den USA durch ideologische Gehirnwäsche bei der jungen Generation Weichen für die Zukunft der Vereinigten Staaten stellt.
Der Film ist absolut erschütternd und ein solches Mass an Indoktrination, Manipulation und Gehirnwäsche an Kindern hätte ich in den USA nicht für möglich gehalten.
Und eine so fanatische Überzeugung, im alleinigen Besitze der göttlichen Wahrheit zu sein auch nicht – und zwar bei den erwachsenen Indoktrinierern und bei den indoktrinierten Kindern.
Im folgenden Infos zum Filminhalt aus Wikipedia und anschliessend Links zur Sendung auf Youtube, falls Sie einen eigenen Eindruck gewinnen wollen.
Jesus Camp
„Jesus Camp ist ein US-amerikanischer Dokumentarfilm von Rachel Grady und Heidi Ewing über ein evangelikales Sommerlager für Kinder. Dort werden die Kinder aufgerufen, sich dafür einzusetzen, die Vereinigten Staaten für Christus zurückzugewinnen.
Der Film wurde im September 2006 in den USA veröffentlicht und für die Oscar-Verleihung 2007 als Bester Dokumentarfilm nominiert.“
Handlung:
„ Jesus Camp ist eine Dokumentation über das evangelikale Sommerlager Kids On Fire (deutsch: Entflammte Kinder) in North Dakota, das von der Pastorin Becky Fischer geleitet und von Kids in Ministry International organisiert wird. In diesem Ferienlager werden Kinder evangelikaler Christen im Grundschulalter dazu angeleitet ihre ‚prophetische Gabe’ zu entdecken und zu stärken. Von der Pastorin werden die Kinder in einer großen, schlichten Kirche dazu aufgefordert sich von ihren Sünden zu ‚reinigen’ und sich ganz der Mission und der Verbreitung evangelikaler Lehren, z. B. dem Intelligent Design und dem Verbot von Abtreibung, zu verschreiben. Die Kinder werden als ‚ausgewählte Generation’ bezeichnet, die Amerika wieder für Christus zurückerobern soll, und daher sollen sie sich der ‚army of God’ (dt.: Armee Gottes) anschließen. Durch die Rhetorik der Pastorin – außer ihr predigen vor den Kindern auch noch der ‚Prophet’ Lou Engle und der Prediger Ted Haggard – sowie den Einsatz von Musik, Tanz und PowerPoint-Präsentationen werden die Kinder animiert, mitzumachen. Diese beten und singen offensichtlich begeistert mit. Mehrmals ist zu sehen, wie eine Vielzahl der Kinder kollektiv in Tränen ausbricht oder in religiöser Ekstase ‚ betet.
Lager:
Der Film begleitet schwerpunktmäßig drei Kinder, die am Lager teilnehmen. Alle drei sind fest von der Richtigkeit der Lehren überzeugt und engagieren sich dafür. Der Junge Levi wird, wie viele der Teilnehmer, von seinen Eltern zu Hause unterrichtet und lernt somit ausschließlich evangelikale Standpunkte. So wird ihm beispielsweise beigebracht, dass die Klimaerwärmung keine große Bedeutung haben kann, da sie nur wenige Grad beträgt, und andere Probleme wichtiger sind. Levi hat selbst schon mehrfach gepredigt und will daher Prediger werden. Rachael verteilt regelmäßig kleine Broschüren an fremde Menschen in ihrer Umgebung, wenn sie fühlt, dass diese einer Bekehrung bedürfen. Spott von anderen Kindern ignoriert sie in der Überzeugung, dass nicht die Meinung der Menschen, sondern das Urteil Gottes über sie im Jüngsten Gericht entscheidend ist. Victoria (Tory) ist Mitglied einer Kinder-Tanzgruppe, die mit martialisch anmutenden Auftritten in Pseudo-Militär-Uniformen für einen Kampf für den Evangelikalismus wirbt, und damit offensichtlich besonders Kinder derselben Altersgruppe anspricht. Sie genießt das Tanzen, hört aber nur christliche Musik und verachtet säkulare Künstler wie Britney Spears.
Die Produzenten des Dokumentarfilms verzichten völlig auf einen Kommentar oder Erzähler aus dem Off, lediglich kurze Angaben zu Personen oder Orten werden eingeblendet. Nur kurzzeitig wird einfache, bedrückende Filmmusik eingespielt und am Ende das Lied Spirit in the Sky. Die Handlung setzt sich aus Filmmaterial aus den Gottesdiensten, Szenen aus dem Alltagsleben der Porträtierten und vielen Stellungnahmen dieser zusammen. Einzige kritische Stimmen sind eingespielte Radiobeiträge, vor allem von Mike Papantonio, der auch in seinem Studio gefilmt wurde. Hintergrund der Radio-Diskussionen war der Streit um die geplante Berufung eines sehr konservativen Richters in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten durch Präsident George W. Bush, die von Evangelikalen unterstützt wurde und wegen der Papantonio an die Trennung von Religion und Staat erinnert.“
Kontroverse
„ Die Bilder des Films legen Vergleiche mit der religiösen Erziehung von Kindern in Teilen der islamischen Welt nahe, wo diese zu Gotteskriegern erzogen werden. Diesen Vergleich stellt auch Becky Fisher im Film auf, allerdings als Rechtfertigung für ihre eigenen Methoden. Dass den Kindern eine Indoktrination zuteil wird, die ihnen kaum Raum zu freier Entscheidung lässt, wird von den Verantwortlichen nicht diskutiert.
Von den Produzenten wird der Anspruch erhoben, einen ehrlichen und vorurteilsfreien Film vorzulegen, der keinen vorgegebenen Standpunkt nahelegt. Von evangelikaler Seite wurde ihnen vorgeworfen, nur einen kleinen Aspekt des Evangelikalismus darzustellen und dadurch das Bild zu verzerren. Die Regisseure halten in einer Stellungnahme fest, dass lediglich Ted Haggard mit Art und Weise seiner Darstellung unzufrieden war, und beanspruchen alle Personen realistisch und wohlwollend dargestellt zu haben.
Michael Moore zeigte den Film auf seinem Traverse City Film Festival, obwohl die Filmverleiher Magnolia Pictures dies nicht wünschten. Sie befürchteten, dass der Film mit bestimmten Vorstellungen und Interessen assoziiert wird.“
(Quelle: Wikipedia)
Zum Film:
Ich weiss natürlich, dass Eltern ein Recht haben, über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen, und dass es heikel ist, dieses Recht in Frage zu stellen.
Wenn aber Erziehung so eklatant in Gehirnwäsche und Indoktrination übergehen, stelllt sich auch die Frage nach dem Punkt, an welchem eine Kinderschutzbehörde Kinder vor ihren fanatisierten Eltern schützen müsste. Diese Grenze ist meines Erachtens in diesem Sommercamp überschritten.
Diese Form der Gehirnwäsche an Kindern ist auch nicht demokratiekompatibel und eine offene Gesellschaft (nach Karl Popper) müsste sich gegen solche Praktiken zur Wehr setzen.
Zum Glück sind wir in Europa (noch?) nicht mit derart extremistischen Formen des „Christentums“ konfrontiert. Aber Wachsamkeit gegenüber dieser Entwicklung ist absolut angezeigt.
Vorbeugend gegen die schleichende Talibanisierung der fundamentalistischen Christenheit wirken Institutionen wie die Giordano-Bruno-Stiftung.
Ted Haggard – ein interessanter Nebenschauplatz im Film
Ein interessanter und erhellender Nebenschauplatz in diesem Film ist der prominente Auftritt des Predigers Ted Haggard, der ein kaum zu überbietender Doppelmoralist ist: Öffentlich gegen Homosexualität wettern und ein „christliches“ Familienleben vorgaukeln – aber im Versteckten eine mehrjährige Callboy-Beziehung pflegen……..
„ Ted Arthur Haggard (* 27. Juni 1956) ist ein US-amerikanischer, evangelikaler ehemaliger Prediger.
In der von ihm gegründeten Kirchengemeinde, die evangelikale New Life Church in Colorado Springs, die zur Gruppe der in den USA so genannten Megachurches gehört, war Haggard als „Pastor Ted“ bekannt. Er hat ebenfalls die Association of Life-Giving Churches mit gegründet. Die US-amerikanische Zeitschrift Time Magazine zählte ihn im Jahr 2005 zu den 25 einflussreichsten evangelikalen Christen in den USA.“
Biografie von „Pastor Ted“:
„Ted Arthur Haggard wurde in Indiana geboren. 1972 hatte er ein Erweckungserlebnis und bezeichnet sich seitdem als wiedergeborener Christ. 1978 heiratete er Gayle Alcom. Das Ehepaar hat fünf Kinder. 1984 wurde Haggard Hilfspastor in Baton Rouge, Louisiana. Einige Jahre später zog Haggard nach Colorado Springs, Colorado, wo er eine eigene Kirche, die New Life Church, gründete.“
Positionen des Ted Arthur Haggard’s:
„ Haggard ist ein überzeugter Befürworter der Politik des 43. Präsidenten der USA George W. Bush. In einem Artikel des Wall Street Journal vom 21. Juni 2005 wird folgende Aussage von Haggard wiedergegeben: ‚Ted Haggard, the head of the 30-million strong National Association of Evangelicals, jokes that the only disagreement between himself and the leader of the Western world is automotive: Mr. Bush drives a Ford pickup, whereas he prefers a Chevy’.(Ted Haggard, der Kopf der Nationalen Vereinigung der Evangelikalen mit 30 Millionen Mitgliedern, scherzt, dass die einzige Unstimmigkeit zwischen ihm und dem Führer der westlichen Welt das Auto betrifft: Mr. Bush fährt einen Ford Pickup während er einen Chevy bevorzugt.) Allerdings gehört auch der Kampf gegen die globale Erwärmung zu Haggards Überzeugungen: Er unterstützte die Evangelical Climate Initiative in den Vereinigten Staaten, obwohl Präsident Bush lange der Ansicht war, dass eine Änderung des Klimas aufgrund menschlicher Handlungen nicht bewiesen sei.
Haggard verurteilt öffentlich die Praxis von Homosexualität und sagte: ‚We don’t have to debate about what we should think about homosexual activity, it’s written in the Bible.’ (Wir müssen nicht darüber diskutieren, was wir von homosexuellen Aktivitäten halten, es steht in der Bibel geschrieben.) Seine Ablehnung geht jedoch über Fragen des Geschlechtsverkehrs hinaus, und er lehnt ebenfalls eine staatlich-rechtliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften ab, obwohl diese hauptsächlich nichtsexuelle Lebensbereiche wie Vermögensrecht, Vertragsrecht oder im Fall von binationalen Partnerschaften auch Einwanderungsrecht betreffen würde.
For the Health of the Nation
Unter der Leitung von Haggard als Präsidenten setzte sich die evangelikale Organisation National Association of Evangelicals (NAE) in einem Dokument „For the Health of the Nation: An Evangelical Call to Civic Responsibility“ für einen Kulturkampf ein. Das Dokument der NAE richtet sich gegen Abtreibung, gegen die Homo-Ehe, aber auch gegen erhöhte Steuern und weitere Einwanderung in die Vereinigten Staaten und fordert eine Ausweitung der Bildung in der US-amerikanischen Bevölkerung. Haggard intensivierte seine Predigttätigkeit gegenüber Schwulen, indem er in Colorado Springs gelegentlich Bars besuchte, die ein schwules Publikum ansprechen, und die Männer dort einlud, zu seiner Kirche zu kommen.“
Rücktritt nach Sexskandal:
„ Nachdem der frühere Callboy und Masseur Mike Jones in den Medien verlauten ließ, Haggard habe ihn drei Jahre für Sex bezahlt, trat Haggard am 3. November 2006 von seinem Amt als Vorsitzender der National Association of Evangelicals (NAE) zurück. Am folgenden Tag wurde er auch vom Aufsichtsrat seiner Kirche des Pastorenamts entledigt. Nach Aussage von Jones habe Haggard (den Jones als ‚Art’ kannte; der zweite Vorname von Haggard ist Arthur) bei Treffen mit ihm Methamphetamin eingenommen.
Haggard behauptete zunächst, Jones nicht zu kennen. Am 5. November 2006 teilte er seiner Gemeinde in einem offenen Brief hingegen mit, dass er tatsächlich der ‚sexuellen Unmoral schuldig’ sei.
Jones habe sich zu diesem öffentlichen Outing von Haggard entschlossen, weil Haggard öffentlich in der Politik gegen die rechtliche Absicherung lesbischer und schwuler Partnerschaften aufgetreten war. Jones erklärte gegenüber ABC News: ‚Ich musste die Doppelmoral von Haggard veröffentlichen.’ Haggard habe die Möglichkeit, Tausende von Anhängern zu beeinflussen, und er predige gegen die Homo-Ehe. Aber im versteckten Privatleben lebe er das Gegenteil von dem, was er predige. Jones hoffe, dies würden Wähler begreifen. In Colorado wurde am 7. November 2006 über das Verbot von Homo-Ehen in der Verfassung des Bundesstaates Colorado abgestimmt; trotz des Outings von Haggard entschied sich die Mehrheit der Abstimmenden für eine entsprechende Verfassungsänderung.
Homosexualität
Ted Haggard vertritt weiterhin in der Öffentlichkeit die Auffassung, Homosexualität sei sündhaft. Deswegen habe er sich auf Ratschlag seines Freundes James Dobson in eine christliche Ex-Gay-Therapie begeben. Nach einer nur drei Wochen dauernden Behandlung ist er nunmehr überzeugt, heterosexuell zu sein. Mit seiner Frau zusammen ist er im Jahr 2007 aus Colorado Springs weggezogen und lebt nun in Phoenix.“
(Quelle: Wikipedia)
Zu Ted Haggard:
Es ist genau diese Doppelmoral, die so übelkeitserregend ist.
Unerbittlich Moral predigen (oder was man dafür hält), aber im Versteckten genau das tun, was man ständig anprangert.
Ted Haggard unterscheidet sich dabei allerdings nicht grundsätzlich von anderen Moralisten, wie auch die vielen Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche zeigen (und die systematische Vertuschung dieser Verbrechen durch die kirchliche Hierarchie).
Auch hier kontrastiert das herumposaunte Moralgerede krass mit den praktischen Handlungen des „göttlichen Bodenpersonals“.
Die Links zum Film Jesus Camp:
Jesus Camp (deutsch) Teil 1/5: http://www.youtube.com/watch?v=1tmeRwhVwXI
Jesus Camp (deutsch) Teil 2/5: http://www.youtube.com/watch?v=iUqgA1Wua6s
Jesus Camp (deutsch) Teil 3/5: http://www.youtube.com/watch?v=__gmPgP8SLU
Jesus Camp (deutsch) Teil 4/5: http://www.youtube.com/watch?v=YOrRykqDo-A
Jesus Camp (deutsch) Teil 5/5: http://www.youtube.com/watch?v=knmMoEfr3_Y
Ausserdem:
Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen.
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Inserat:
Martin Koradi
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Winterthur, Kanton Zürich, Schweiz
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