„Jede spirituelle Technik, die irgendwann irgendwo in einer anderen Kultur auf der Welt erfunden wurde, die finden wir heute wieder, wie sie als Abziehbild, in Bruchstücken, in westlicher Interpretation, für Kurz- und Massenlehrgänge zurechtgestutzt in Westeuropa und Nordamerika, in den Kernländern technisch-wissenschaftlicher Kultur, auf dem Markt der Seminare, der Workshops, der Retreats, der Therapien angeboten wird.
Und zu diesen ganzen übernommenen Formen kommt noch der ganze wachsende Markt der Therapieformen, wie sie in unserer Kultur unter Anlehnung an diese anderen Sichtweisen fast täglich neu herauskommen.
Und hinter jeder dieser Formen steht eine Wirklichkeitskonstruktion, die das Neue und das Alte, das Zerbrochene und das Durcheinander in einer übergreifenden Ordnung der Welt wieder verorten und verankern soll, und alle Ordnungsentwürfe , die nur irgendwo auf der Welt von irgendeiner Kultur je gemacht wurden, die scheinen sich hier wiederzufinden, in Bruchstücken und in den unterschiedlichsten Interpretationen, durcheinander gewürfelt und zusammengerührt und mit Neuem und Privatem, so gut es geht verklebt zu einem Ganzen.
Und all das ist im Angebot zu haben, Wirklichkeiten und Erkenntnis- und Lebensformen en gros und en detail, Konstruktionen von billig und bescheiden bis glamourös und windig, von bieder und verbiestert bis superteuer und superseriös, und eine übertönt die andere ……“
(Quelle: Godela Unseld, Das Abenteuer ‚Erkennen’ – Ein soziologischer Reisebericht, Insel Taschenbuch 1997)
Kommentar & Ergänzung:
Supermarkt der Therapien
Godela Unseld beschreibt meines Erachtens in diesem Zitat prägnant den ausufernden Supermarkt der Therapien und Spiritualitäten.
Noch wichtiger ist aber ihre Interpretation dieses Phänomens: Es geht letztlich um Ordnungsentwürfe, mit denen Menschen versuchen, sich in der Welt zurechtzufinden und sich zu orientieren. Und es ist jeweils sehr fraglich, ob solche Konstruktionen taugliche Mittel dafür sind.
Vielleicht wäre es wichtiger, die überhöhten Ansprüche an eine allumfassende Weltordnung herunterzufahren. Stattdessen könnten wir lernen, uns auch in einer bruchstückhaften, widersprüchlichen, nicht vollständig versteh- und erklärbaren und nur beschränkt kontrollierbaren Welt heimisch zu fühlen.
Gerade im Bereich der Heilmethoden und im Umgang mit Gesundheit und Krankheit braucht es meiner Ansicht nach mehr vertiefende Reflexion und weniger Konsumhaltung.
Der Supermarkt esoterischer Heilslehren entspricht zu offensichtlich dem schnellen, oberflächlichen und bequemen Zeitgeist. Therapeutin oder Therapeut wird man hier schon nach drei Wochenenden – mit Diplom versteht sich.
Und für die seelische oder geistige Weiterentwicklung muss man weder etwas lernen noch sich mit sich selbst auseinandersetzten – man wirft ein paar Tropfen Bachblütenessenz ein oder schuckt ein paar Schüsslersalz-Tabletten. Und schhwups, schon kommen die tiefgreifenden Veränderungen und Transformationen von Geist & Seele. Ganzheitlich nennt sich das dann….
Schöne cleane Instant-Welt.
Aber genug gelästert. Mir ist es ja eigentlich sehr ernst mit diesem Thema.
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Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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