Der Ginseng (Panax ginseng) ist von zahlreichen Mythen und Geschichten umrankt und seinen Wurzeln werden fast magische Heilkräfte nachgesagt. Doch die Wildpflanze wächst nur an ganz wenigen Orten der Welt, beispielsweise in der Mandschurei im Nordosten Chinas.
Mareile Flitsch, die Ethnologin und Direktorin des zürcherischen ethnologischen Museum, hat die Geschichten, die zu Hunderten um diese alte Heilpflanze ranken, gesammelt und untersucht.
Die Radiosendung auf DRS2 können Sie hier hören (55.40 Minuten).
Kommentar & Ergänzung:
Die Sendung gibt einen schönen Einblick in die Kulturgeschichte des Ginsengs in Nordostchina.
Die Ofenbetten, von denen Mareile Flitsch in der Sendung spricht, habe ich selber im Februar 2012 in Nordostchina noch gesehen (in Yabuli bei Harbin). „Firebed“ sagte Yue.
Der allergrösste Teil der Ginsengwurzeln wird heute aus Anbau gewonnen und vor allem auch aus Südkorea importiert.
Ginseng gehört zur Familie der Efeugewächse (Araliaceae).
Er wird sowohl in der traditionellen chinesischen Medizin als auch in der westlichen Phytotherapie eingesetzt.
In der westlichen Phytotherapie gilt Ginseng als Adaptogen.
Was ist ein Adaptogen?
„ Adaptogen ist eine alternativmedizinische Bezeichnung für pflanzliche Zubereitungen und Drogen, die dem Organismus helfen sollen, sich an Stresssituationen anzupassen und einen positiven Effekt bei Stress-induzierten Krankheiten ausüben. Ähnliche Bezeichnungen sind Verjüngungsmittel und (im Ayurveda) Rasayana. Der Körper bzw. das Immunsystem soll an den Stress angepasst, also adaptiert werden. Der russische Forscher Nicolai Vasilevich Lazarev hat den Begriff 1958 geprägt. Adaptogene sollen völlig ungiftig und mit breiter positiver Wirkung ausgestattet sein. Beispiele für Pflanzen, denen solche Wirkungen nachgesagt werden sind Ginseng, Morinda citrifolia (Noni), Shiitake, Reishi/Ling-Zhi, Maitake, Klapperschwamm, Mandelpilz, Schisandra, Rosenwurz, Ashwaganda, Schlafbeere, Tulsi, Jiaogulan, Maca, Kalmegh und Marihuana.“
Quelle: Wikipedia
Mit dem fragwürdigen Begriff „Verjüngungsmittel“ würde ich Adaptogene nicht in Verbindung bringen.
Im Phytokodex wird die adaptogene Wirkung von Ginseng so beschrieben:
„ Adaptogene Effekte (unspezifische Erhöhung der körpereigenen Abwehr gegenüber exogenen Noxen und Stressoren physikalischer, chemischer und biologischer Natur): Ginsengextrakte zeigten im Tierversuch positive Effekte bei Einwirkung sowohl physikalischer Stressoren (Hitze, Kälte, Elektroschock) als auch chemischer Noxen (Alkohol). Die radioprotektive Wirkung konnte sowohl im Tierexperiment als auch an Patienten unter Strahlentherapie bewiesen werden, die Leuko-, Thrombo- und Erythrozytenzahl stieg signifikant, blutzellbildende Stammzellen regenerierten beschleunigt.“
Quelle: http://www.kup.at/db/phytokodex/datenblatt/Ginsengwurzel.html
Als anerkannte medizinische Anwendungsgebiete für Ginsengwurzel gelten Müdigkeits- und Schwächegefühl, nachlassender Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie in der Rekonvaleszenz (Kommission E, ESCOP).
Darüber hinaus wird Ginseng aber auch für alle möglichen Beschwerden empfohlen, wodurch eine fragwürdige Indikationslyrik entsteht.
Voraussetzungen für die Wirksamkeit sind aber ausreichende Dosierung und ein qualitativ hochstehendes Ginsengpräparat mit standardisiertem Gehalt an Ginsenosiden. Viele Ginsengprodukte vor allem aus dem Internethandel sind von fragwürdiger Qualität.
Von den anderen erwähnten Adaptogenen sind nur wenige gut untersucht.
Siehe dazu auch:
Taigawurzel, Ginseng, Rosenwurz & Co. – was sind Adaptogene?
Rosenwurz (Rhodiola rosea, orpin rose) gegen Stress und Müdigkeit
Die Noni-Frucht – dürftige Belege für grosse Versprechungen
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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