Menschen mit Essstörungen reduzieren ihre Nahrungszufuhr oft so stark wie nur irgend möglich. Und was sie trotzdem aufnehmen, versuchen sie so rasch wie möglich wieder loszuwerden, zum Beispiel mit Abführmitteln.

Über diese Methoden, die Nahrungszufuhr zu kompensieren, berichtet die Medical Tribune:

«Essgestörte Patienten kompensieren ihre Nahrungszufuhr teilweise so extrem, dass sie ohne stationäre Therapie nicht davon loskommen. Sie erbrechen, nehmen Laxanzien, Diuretika, Schilddrüsenpräparate oder treiben exzessiv Sport: Kompensatorische Verhaltensweisen tragen wesentlich zu den körperlichen Komplikationen von Essstörungen bei. Oft bekommen es Ärzte mit Hypokaliämie, metabolischen Azidosen, Knöchelödemen oder geschädigter Schleimhaut in Speiseröhre, Magen und Darm zu tun. Auch komorbide psychische Leiden treten bei Patienten mit Bulimie oder Anorexia nervosa gehäuft auf, allen voran Depressionen und Suizidalität. 

Professor Dr. Martina de Zwaan von der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover berichtete über Patienten, die täglich bis zu 50 Tabletten eines Abführmittels einnehmen, um das Gegessene schnell wieder aus dem Körper zu befördern. „Das grenzt schon an selbstverletzendes Verhalten“, betonte die Kollegin.»

 

Quelle:

https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/gewichtsreduktion-das-grenzt-schon-an-selbstverletzung/

(Kongressbericht: 20. Inter­disziplinärer Kongress für Suchtmedizin)

Kommentar & Ergänzung:

Der starke Konsum von Abführmitteln (Laxanzien) vor allem von Magersüchtigen ist mir aus meiner früheren Tätigkeit als Drogist sehr vertraut. Dabei kommen auch pflanzliche Abführmittel zur Anwendung, zum Beispiel auf der Basis von Sennesblättern oder Faulbaumrinde. Die Vorstellung, dass man mit der Einnahme solcher Abführmittel die Nahrung schneller ausscheidet und damit weniger davon aufnimmt, ist allerdings illusorisch.  Sennesblätter, Faulbaumrinde und eine ganze Reihe von anderen Abführmitteln (z. Bsp. das synthetische Bisacodyl = Dulcolax) wirken erst im Dickdarm, während die Nahrungsaufnahme bereits im Dünndarm stattfinden. Diese Präparate verursachen deshalb vor allem einen Wasserverlust. Dadurch kann zwar eine Gewichtsreduktion eintreten, die aber nicht anhaltend ist und durch Trinken wieder ausgeglichen wird. Es geht nicht Fett weg, sondern Wasser.

Pflanzliche Abführmittel sind oft auch sinnfreier Bestandteil von sogenannten «Entschlackungstees» und «Blutreinigungstees».

Siehe dazu:

Naturheilmittel: Ärgernis Blutreinigungstee

Entschlackung – illusionäre Hoffnung auf Gewichtsreduktion

Entschlackung – was ist das?

Entschlackung – unnötig und ungesund

Pflanzenheilkunde: Fragwürdige Blutreinigungstees

 

Wer sich vertieftes Wissen über Heilpflanzen-Anwendungen erwerben möchte, kann das an meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.