Jährlich verletzen sich etwa 1,25 Millionen Sporttreibende in Deutschland so schwer, dass sie ärztliche Hilfe brauchen. Gegen Zerrungen, Prellungen und Muskelkater gibt es zahlreiche pharmakologische Optionen, darunter auch viele Heilpflanzen-Präparate.
Zusätzlich zu den physikalischen Maßnahmen bei akuten Muskelverletzungen – Eis, Hochlagern, Kompression – gibt es viele pharmakologische Ergänzungen. Hauptsächlich im Bereich topischer (=lokal angewandter) Arzneien bei Muskelverletzungen und Sportverletzungen ist der Markt rezeptfreier Arzneien groß.
Neben den klassischen NSAR wie Diclofenac, Ibuprofen oder auch Ketoprofen stehen Alternativen auf der Basis von Heilpflanzen bei Patienten hoch im Kurs. Dazu gehören Präparate mit Extrakten aus Arnika, Capsicum (Wirkstoff Capsaicin) oder Beinwell.
Eine lange Tradition hauptsächlich bei der Behandlung von Patienten mit stumpfen Traumata wie Verstauchungen, Prellungen oder Zerrungen hat Beinwell. Mehrere klinische Studien haben der traditionellen Anwendung von Beinwell mittlerweile eine wissenschaftliche Basis geliefert.
So wurde beispielsweise in einer Studie mit Erwachsenen mit einer Sprunggelenksdistorsion eine zehnprozentige Wirkstoffzubereitung aus oberirdischem Beinwell-Extrakt (Traumaplant®) mit einer nur einprozentigen Präparation als Placebo verglichen.
Die 203 Patienten wurden über einen Zeitraum von 14 Tagen dreimal täglich doppelblind entweder mit Verum (also Beinwell-Extrakt) oder mit Placebo behandelt. Primärer Endpunkt war die Verminderung des Bewegungsschmerzes (NaturaMed 4/2009).
Lag der Wert für Bewegungsschmerz zum Zeitpunkt Null in beiden Gruppen im Mittel bei 63 und 65 mm auf der visuellen Analogskala (0 bis 100), reduzierte er sich zum Tag drei bis vier auf 32 (Verum) versus 46 (Placebo).
An Tag sieben sprachen die Werte mit 13 versus 25 ebenfalls signifikant zugunsten der Verumgruppe. Am Schluss der Studie – nach 14 Tagen – betrugen die VAS-Werte 3 versus 11. Parallel zum Schmerz hatten sich auch die Schwellungen unter Verum nach drei bis vier Tagen signifikant stärker reduziert als unter Placebo. Ähnliches zeigte sich auch für die Hämatomausprägung (Bluterguss) und die Bewegungseinschränkungen.
Verspannungsbedingten Muskelschmerzen
Auch bei verspannungsbedingten Muskelschmerzen ist ein topisches (örtlich angewandtes) Beinwellpräparat eine gute Ergänzung zur physikalischen Behandlung. Das zeigte eine Studie mit 255 Patienten, die an funktionellen Muskelbeschwerden der Halswirbelsäule litten.
Sie wurden drei Wochen mit klassischen Methoden der physikalischen Reha therapiert. 137 dieser Patienten behandelten sich mit einer Zubereitung aus Trauma-Beinwell (Symphytum x uplandicum NYMAN).
Beim Start der Studie und nach drei Behandlungswochen erfolgte eine Untersuchung der Halsmuskulatur, der Faszien und der Bewegungsabläufe an einer Reihe von Muskeln (Der Allgemeinarzt 8/2010). Der Schweregrad der Beschwerden wurde dabei auf einer dreistufigen Skala dokumentiert (0 = normale Funktion, 1 = leicht und 2 = deutlich funktionell gestört).
Unter der klassischen Reha besserten sich sämtliche Messkriterien. Die Beinwellsalbe führte aber zu einer deutlich grösseren Verbesserung.
Bei acht der zwölf Parameter waren die Unterschiede signifikant zugunsten der Gruppe mit dem Beinwell-Präparat. Speziell ausgeprägt war der Effekt auf den verkürzten Trapezmuskel. Mit reiner Reha-Therapie besserte sich der Wert um 0,35 Punkte. In der Gruppe mit Reha plus topischer Anwendung von Beinwellextrakt lag die Besserung bei 1,81 Punkten.
Die Autoren der ersten Studie betonen zudem, dass das Problem toxischer Pyrrolizidinalkaloide (PA) bei dem Beinwell-Präparat nicht existiere. Denn für die Extraktherstellung würden PA-freie Beinwell-Kulturen eingesetzt. Extrahiert werde zudem nur aus den oberirdischen Pflanzenteilen, nicht jedoch aus den Wurzeln.
Quelle:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/article/649952/phytopharmazie-hilft-schmerzenden-muskeln.html
Kommentar & Ergänzung: Beinwell
Beinwell gehört zu den Heilpflanzen, die in den letzten intensiv erforscht wurden.
Siehe dazu:
Beinwell-Salbe lindert Verspannung in Schulter und Nacken
Beinwell: Rasche Wirkung gegen Rückenschmerzen
Voltaren-Gel versus Beinwell-Salbe
Sprunggelenksverletzung: Beinwellwurzel wirksamer als Diclofenac
Interessant an obenstehendem Beitrag scheint mir, dass die untersuchte Beinwell-Zubereitung aus oberirdischen Pflanzenteilen gewonnen wird.
Viel üblicher und in der Phytotherapie besser etabliert sind Präparate aus Beinwellwurzel (z.B. Kytta-Salbe).
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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