Seit einiger Zeit werden Nahrungsergänzungsmittel mit Chlorophyll propagiert zur Entschlackung und Entgiftung – zum Beispiel in Form von Getränken.
Hat die Einnahme von Chlorophyll als Nahrungsergänzung einen günstigen Effekt?
Diese Frage wurde im Expertenforum der Pharmazeutischen Zeitung gestellt:
„Wirkt Chlorophyll entgiftend, vitalisierend und hält gesund? Und wenn ja, wie und in welcher chemischen Form? Gibt es Studien darüber?“
Die Antwort von Professor Dr. Theo Dingermann:
„Gute, seriöse Studien zu einem möglichen Gesundheitspotenzial von Chlorophyll gibt es nicht. Wir nehmen substanzielle Mengen zu uns, wenn wir viel Gemüse und Obst essen. Eine Substitution ist nicht notwendig. Wegen seiner geruchsneutralisierenden Wirkung ist Chlorophyll als Mittel gegen Mund- und Körpergeruch in Drageeform erhältlich. Als Lebensmittelzusatzstoff erhielt Chlorophyll die Kennnummer E 140. Weitere, dem Chlorophyll zugesprochene Eigenschaften sind hinsichtlich ihrer physiologischen Relevanz nicht belegt.“
Quelle:
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=40157
Kommentar & Ergänzung:
Chlorophyll, also Blattgrün, ist wohl eines der wichtigsten Moleküle für das Leben auf der Erde. Pflanzen sind durch Chlorophyll in der Lage, mit Hilfe von Licht aus Wasser und Kohlendioxid Traubenzucker (Glukose) zu produzieren, also Photosynthese zu betreiben.
Wie das oft bei Nahrungsergänzungsmitteln der Fall ist, sind die Gesundheits- und Heilungsversprechungen bei der Vermarktung von Chlorophyll sehr überzogen.
Vor allem wenn „Entschlackung und Entgiftung“ versprochen wird, kann man getrost von Konsumententäuschung ausgehen.
Siehe dazu:
Entschlackung – unnötig und ungesund
Schlackenstoffe – ein Phantom macht Karriere
Entgiften und entschlacken – höchst fragwürdige Versprechungen
Entschlackung: Illusionäre Hoffnung auf Gewichtsreduktion
Ein kritischer Kommentar zu Chlorophyll als Nahrungsergänzung:
„Chlorophyll wird in Form von Tabletten, Pulvern, Tropfen und Säften als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Dabei werden verschiedene Aussagen zu gesundheitsfördernden Wirkungen bzw. zur Steigerung des allgemeine Wohlbefindens gemacht, wie z.B. als Einsatzstoff in der Krebstherapie, zur Hemmung von Körpergerüchen und Beseitigung von Schwermetallvergiftungen bzw. allgemein zur ‚Entgiftung’, zur ‚Verjüngung’, zur ‚Darmsanierung’, sowie als antibakterielle und antivirale Mittel. Dabei soll einerseits der Phorphyrinring Schwermetalle als Chelatkomplex binden, andererseits soll das im Chlorophyll enthaltene Magnesium gesundheitlich positive Wirkungen haben. All diese Wirkungen sind wissenschaftlich nicht oder nicht ausreichend untermauert.
Die Wirkung gegen Mundgeruch sowohl beim Menschen als auch im veterinärmedizinischen Bereich soll auf dem desodorierenden Effekt beruhen, allerdings fehlen kontrollierte Studien dazu.
Chlorophylle selbst gelten als unbedenklich. Da diese aber, nach Entfernen eines großen Anteils des Magnesiums aus dem Chelatkomplex größtenteils unverdaut in Form von Phäophytin ausgeschieden werden, ist eine entgiftende Wirkung durch Chelatkomplexbildung mit Schwermetallen allerhöchstens auf das Darmlumen beschränkt. Eine Wirkung auf das Körperinnere ist ausgeschlossen.
Hergestellt werden Chlorophyll-Produkte meist aus Algen der Gattungen Chlorella und Spirulina, der Afa-Alge (ein Cyanobakterium) aber auch aus Spinat, Luzerne und anderen krautigen Pflanzen.
Eine Tablette Chlorophyll (Stozzon) enthält 20 mg. Das Römpp-Lexikon gibt als Chlorophyllgehalt für einige Pflanzen folgende Werte an:
Brennesseln 6-7,5 g/kg
Broccoli 8-12 g/kg
Gräser ca. 7 g/kg“
(Quelle: http://www.esowatch.com/ge/index.php?title=Chlorophyll#Anwendung_in_der_Pseudomedizin)
Diese Angaben aus dem Römpp-Lexikon ermöglichen eine interessante Rechnung.
Stozzon Chlorophyll-Dragees enthalten 20 mg Chlorophyll pro Dragee. Blattgrün 1001 Tabletten enthalten 21 mg Chlorophyll pro Tablette.
Dann enthalten etwa 2 g Broccoli soviel Chlorophyll wie eine Chlorophyll-Tablette.
Da spricht doch alles dafür, ganz einfach „Grünzeug“ aus der Natur zu essen. Schon mit geringen Mengen an Salat und Gemüse übertrifft man die Chlorophyll-Zufuhr via Dragee.
Und dann besteht zum Beispiel Broccoli ja nicht nur aus Chlorophyll, sondern enthält auch noch eine ganze Reihe anderer gesunder Substanzen. Siehe hier:
Glukosinolate aus Brokkoli und Rosenkohl schützen vor Darmerkrankungen
Brokkolisprossen hemmen Helicobacter-pylori-Bakterien im Magen
Brokkoli-Inhaltsstoff günstig bei Asthma
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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