Die Saiga-Antilope (Saiga tatarica) sieht aus wie ein Phantasietier – eine Mischung aus Antilope und Elefant oder Schildkröte.
Foto auf Wikipedia
Der Lebensraum dieser Tierart liegt in Russland, Zentralasien und der Mongolei, während sie in China nicht mehr vorkommt. Doch gerade in China ist sie beliebt, denn ihren gedrehten Hörnern wird eine heilsame Wirkung zugeschrieben. Wie das Magazin „Asian Scientist“ schreibt, wird das Horn der Tiere auf zahlreichen Märkten für Traditionelle Chinesische Medizin angeboten, auch im Stadtstaat Singapur. Neuerdings finde sich das Hornpulver sogar in Erfrischungsgetränken, die angeblich Fieber senken sollen.
Wie es in der Zeitschrift heißt, gehört die Saiga-Antilope zu den bedrohten Tierarten. Die Händler wüssten nicht, dass die wilden Tiere ihres Horns wegen getötet würden. Sie nähmen an, dass die Antilopen aus einer Zucht stammen und ihr Horn ohnehin verlören, so wie Hirsche ihr Geweih.
Quelle:
https://wissen.dradio.de/nachrichten.59.de.html?drn:news_id=135068
https://www.asianscientist.com/topnews/chinese-tcm-cooling-drinks-endangered-saiga-antelope-horns-2012/
Kommentar & Ergänzung:
Die Saiga-Antilope droht auszusterben, weil ihre Hörner in der Traditionellen Chinesischen Medizin als so wertvoll gelten. Sie erzielen hohe Preise, die mit denjenigen der Hörner des Nashorns vergleichbar sind.
Der WWF schreibt zur Bedrohungslage:
„Die bernsteinfarbenen, 20 bis 50 Zentimeter langen Hörner sind eine weitere Besonderheit der Saiga. Sie wurden ihnen zum Verhängnis, da sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) begehrte Mittel gegen Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit sind. Unkontrollierte und illegale Jagd dezimierte die Bestände innerhalb von nur 20 Jahren auf ein zwanzigstel der ursprünglichen Größe. Da nur die männlichen Tiere Hörner tragen, werden sie bevorzugt gejagt. Die Folge sind Populationen, in denen das Geschlechterverhältnis heute so stark verschoben ist, dass auf ein Männchen hundert Weibchen kommen.“
Quelle: https://wwf-arten.wwf.de/detail.php?id=170
Wikipedia fasst die Situation so zusammen:
„Seit den 1970er Jahren sanken die Bestandszahlen jedoch abermals drastisch durch Lebensraumverlust, schlechtes Management, zu starke Bejagung und Wilderei. Der Zusammenbruch der Sowjetunion hat zusätzlich dafür gesorgt, dass die Schutzbestimmungen nicht mehr eingehalten wurden. Weil in der Traditionellen Chinesischen Medizin eine starke Nachfrage nach den angeblich heilsamen Hörnern der Männchen besteht und die Käufer extrem hohe Preise zu zahlen bereit sind, brachen alle Bestände durch Wilderei in einem Maß ein, das kaum für möglich gehalten worden war. Weil es in ganzen Regionen keine Männchen mehr gab, konnten sich die Tiere nicht vermehren und blieben ohne Nachkommen. Allein in Kasachstan gingen binnen weniger Jahre die Bestände von 1,2 Millionen auf 30.000 zurück. Die Gesamtpopulation der nominalen Unterart (Saiga tatarica tatarica) wurde um das Jahr 2000 auf 26.000 geschätzt, was die IUCN dazu veranlasste, 2002 den Status der Unterart und damit gleichzeitig die gesamte Art von lower risk (gering gefährdet) auf critically endangered (vom Aussterben bedroht) zu ändern. Derzeit finden sie sich nur noch in der russischen Kalmückensteppe und in drei Gebieten Kasachstans. In China und der südwestlichen Mongolei ist sie ausgestorben.“
Bisher gibt es offenbar keinerlei Belege für die Wirksamkeit des Saiga-Horns gegen Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit. Es dürfte sich hier um einen Post-hoc-ergo-propter-hoc-Fehlschluss handeln.
Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit verschwinden in den meisten Fällen auch von selbst wieder. Verabreicht man ein Heilmittel, ist eine hohe Erfolgsquote garantiert, weil diese spontane Besserung fast immer dem Mittel „gutgeschrieben“ wird.
Fazit: Tradition hat nicht immer Recht.
Siehe auch:
Komplementärmedizin: Hat Tradition Recht?
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch