Die „Kronen-Zeitung“ befasste sich mit dem Prämenstruellen Syndrom (PMS).

Informativ an dem Beitrag ist, dass die verschiedenen Typen des Prämenstruellen Syndroms vorgestellt werden:

„Vier verschiedene Arten des PMS

PMS- Typ D (von engl. Depression): Die Hauptsymptome sind depressive Verstimmungen, Vergesslichkeit, Schlaflosigkeit und Verwirrtheit.

PMS- Typ A (von engl. anxiety = Angst): Die Hauptsymptome sind ebenfalls depressive Verstimmungen, aber auch Stimmungsschwankungen.

PMS- Typ C (von engl. craving = Gelüste): Hier sind die Hauptsymptome Heißhungerattacken, Kopfschmerzen, Schwindel.

PMS- Typ H (von engl. hyperhydration = Wasserüberschuss): Bei diesem Typ leiden Frauen vor allem unter Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme, Spannungsschmerzen in der Brust.“

Diese Differenzierung ist wenig bekannt und oft sinnvoll.

Ziemlich wirr sind dagegen die Empfehlungen der Kronen-Zeitung zur Anwendung von Heilpflanzen bei PMS-Beschwerden:

„Aber nicht nur mit den Nahrungsmitteln, sondern auch mit Heilkräutern kannst du Beschwerden vor deiner Periode in den Griff bekommen. Mönchspfeffer bzw. Keuchlammfrüchte beispielsweise lindern Spannungsgefühle in den Brüsten, der Wurzelstock der Traubensilberkerze gilt als eine der wirksamsten Heilwurzeln bei zahlreichen Frauenleiden. Krampflösend sind die Wirkstoffe der chinesischen Engelswurz, die daher auch als “Ginseng für Frauen” bezeichnet wird, aber auch die Angelikawurzel wirkt schmerzlindernd, leicht antidepressiv und entkrampfend. Aber auch heimische Heilpflanzen wie Johanniskraut, Frauenmantel und Scharfgarbe kommen beim PMS zum Einsatz.“

Quelle der Zitate:

http://www.krone.at/Gesund-Fit/So_kannst_du_PMS_auf_natuerlichem_Wege_behandeln-Beschwerden_lindern-Story-337281

Kommentar & Ergänzung:

Lustig sind die Empfehlungen von „Keuchlamm“ und „Scharfgarbe“. Das macht den Eindruck, als ob da jemand flüchtig abgeschrieben, die Pflanzennamen „Keuschlamm“ und „Schafgarbe“  aber das erste Mal gelesen hat.

Was empfiehlt die Kronen-Zeitung da genau an Heilkräutern?

Mir scheint: Ein Sammelsurium mit der Botschaft, dass es nicht so drauf ankommt, was man nun genau einnimmt.

Nur beim Mönchspfeffer gibt es eine Studienlage, die eine Wirksamkeit bei PMS nahelegt, vor allem bei PMS mit Brustspannen (genauer: zyklusabhängige Mastalgie). Belege für eine Wirksamkeit gibt es nur für Mönchspfeffer-Extrakt.

Bei der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) liegt der gut dokumentierte Anwendungsbereich bei Wallungen in den Wechseljahren, nicht aber beim PMS. Die Angabe “eine der wirksamsten Heilwurzeln bei zahlreichen Frauenleiden” ist sinnlos. Was heisst schon “zahlreiche Frauenleiden”. Das sagt nichts aus und stimmt so auch nicht.

Die chinesische Engelwurz (Angelica sinensis, Dong quai, Danggui) ist weltweit wohl das am häufigsten eingesetzte Mittel gegen Menstruationsbeschwerden jeder Art – vor allem als Analgetikum bei Menstruationsbeschwerden, bei Menorrhagie, Amenorrhoe und rheumatischen Beschwerden.

PMS ist damit nicht wirklich abgedeckt, aber das erstaunt nicht, weil PMS ein westlicher Krankheitsbegriff ist.

Die Bezeichnung „Ginseng für Frauen“ ist verkaufsfördernd, aber fachlich fragwürdig. Das weite Anwendungsfeld von Dong quai gleicht eher unserem Frauenmantel, der ebenfalls umfassend bei „Frauenleiden“ eingesetzt wird.

Bei beiden Pflanzen kontrastieren diese umfassenden Anwendungsbereiche mit dem Fehlen von aussagekräftigen wissenschaftlichen Daten.

Dong quai enthält Furanocumarine, die vor allem in Verbindung mit der Benutzung von Solarien zu einer Photodermatitis führen können. Mit Wechselwirkungen  ist bei der gleichzeitigen Einnahme von oralen Antikoagulanzien (Typ Warfarin) zu rechnen. Gewarnt wird vor der Einnahme während Schwangerschaft und Stillzeit.

Johanniskraut ist eine Behandlungsoption bei PMS Typ D.

Bei Schafgarbe kann man von den Inhaltsstoffen und von Erfahrungsberichten auf eine leicht krampflösende Wirkung bei Menstruationskrämpfen (Dysmenorrhoe) schliessen. Dazu wird Schafgarbentee empfohlen. Bei Schmerzen im Beckenbereich in der prämenstruellen Zyklusphase gibt es auch in der Phytotherapie-Fachliteratur den Hinweis auf warme Sitzbäder mit Badezusätzen aus Kamille und Schafgarben. Hier dürfte vor allem die Wärmeanwendung wirksam sein. Dass Kamille und Schafgarbe hier spezifische Wirkungen entfalten, ist sehr fraglich.

Frauenmantel – das wurde schon erwähnt, gilt in der traditionellen Pflanzenheilkunde als umfassendes Mittel bei „Frauenleiden“, wodurch ihr Profil aber auch verschwommen wird. Gegen einen Versuch mit Frauenmanteltee beim Prämenstruellen Syndrom spricht nichts, doch gibt es für diesen Anwendungsbereich keinerlei fundiert Angaben.

Der Bereich „Heilkräuter bei PMS“ ist also ziemlich komplexer als es die Kronen-Zeitung darstellt.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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